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Ölsuche im NationalparkRWE will Wattenmeer anzapfen

RWE Dea hat beantragt, im Nationalpark nach Erdöl zu bohren. Ausgerechnet dort wird mehr als die Hälfte der deutschen Reserven vermutet.

Ölpumpen im Wattenmeer: Künftig auch im Nationalpark? Bild: reuters

HAMBURG taz | Mitten im Nationalpark Wattenmeer will der Energiekonzern RWE Dea nach Öl suchen. Wie das Unternehmen am Donnerstagabend ankündigte, plant es an vier Stellen Erkundungsbohrungen niederzubringen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen helfen, Reserven von 20 Millionen Tonnen Erdöl anzuzapfen, die unter dem Wattenmeer vermutet werden. Das entspricht mehr als der Hälfte aller Erdölreserven Deutschlands. Umweltverbände haben verlangt, die Ölförderung in dem einzigartigen Ökosystem Wattenmeer einzustellen.

RWE Dea betreibt seit 1987 zusammen mit Wintershall die Ölbohrplattform Mittelplate - eine künstliche Insel sieben Kilometer vor der Küste Schleswig-Holsteins. Schon 1985 ist das Gebiet zum Nationalpark erklärt worden, 2009 nahm es die Unesco in ihre Weltnaturerbe-Liste auf. Der Lebensraum zwischen Land und Meer, der überspült wird und trocken fällt, der Wind und Eis ausgesetzt ist, bietet vielen besonderen Tieren und Pflanzen eine Heimat: vom Wattwurm über salzwasserkompatible Pflanzen und Zugvögel bis zur Robbe.

20 Millionen Tonnen Erdöl hat die Mittelplate im letzten Vierteljahrhundert gefördert. Im vergangenen Jahr hat Schleswig-Holstein die Konzession bis 2041 verlängert. Für das nicht gerade mit Wohlstand gesegnete Land geht es dabei um viel Geld: 2011 wird es 90 Millionen Euro an Konzessionsabgaben einnehmen.

Für die Erkundungsbohrungen sind befristet vier Enklaven im Weltnaturerbe ausgespart worden. Drei der Bohrpunkte liegen vor dem schleswig-holsteinischen Büsum, einer vor dem niedersächsischen Cuxhaven. Die Bohrungen dienten dazu, die Gesteinsschichten unterm Watt zu kartieren, um festzustellen, wo es Öl gibt und was bei der Förderung zu beachten ist, sagt RWE-Sprecher Derek Mösche.

Wie ein "Stachel im Fleisch"

Denn das Konsortium will die neuen Lagerstätten in zwei bis drei Kilometern Tiefe horizontal vom Land aus anbohren. Die Kapazität der Mittelplate will RWE Dea für Lagerstätten weiter draußen im Meer nutzen. Der längste Bohrer, der von Dithmarschen aus gesteuert würde, wäre 9,2 Kilometer lang. Da wissen die Ingenieure gern, mit welchen Arten von Gestein sie rechnen müssen.

Damit das Konsortium bohren kann, müssen die Länder Ausnahmen vom Nationalparkgesetz zulassen. Danach muss das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in Clausthal-Zellerfeld zustimmen. Mösche zeigt sich zuversichtlich, dass das Konsortium die zu erwartenden Sicherheitsauflagen erfüllen könne. Schließlich habe die Mittelplate durchgehend störungsfrei produziert. "Wir wissen, wie sensibel das Gebiet ist", sagt der Sprecher.

Der Naturschutzbund (Nabu) hält die Bohrungen für inakzeptabel. Schon die Mittelplate sei "wie ein Stachel im Fleisch des Nationalparks", sagt Geschäftsführer Ingo Ludwichowski vom Nabu Landesverband Schleswig-Holstein. Er erkenne an, dass sich die Ölfirmen bemühten, die Folgen ihrer Aktivitäten klein zu halten. Die Bohrungen widersprächen jedoch dem Prinzip des Nationalparks und sie seien energiepolitisch falsch: "Wir wollen eigentlich raus aus dem Öl."

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4 Kommentare

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  • S
    steffenZubrick

    Die Entscheidung ob DEA die Ölförderung

    im Wattenmeer aufnehmen darf, sollte nur

    mit ausdrücklicher Genehmigung der Bevölkerung

    von Schleswig Holstein und ggfs. Niedersachsen

    per Referendum entschieden werden und

    zusätzlich auf technische Machbarkeit von

    einem Sachverständigengremium entschieden werden.

     

    Das Erdöl gehört nicht den Clausthaler Fuzis.

    Sie haben kein Recht die Schätze Deutschlands

    zu verhökern und wir sehen keinen Stich davon,

    müssen aber mit den Umweltkatastrophen klar kommen.

     

    90 Mio. Euro reichen bei einer Katastrophe im

    Wattenmeer nicht aus zur Schadensregulierung.

    Der Verlust an auch nur kurzfristigen Tourismuseinnahmen, Fischfangverboten,

    Hafengebühren, Lebensmittelprodukten

    und die öffentlichen Kosten zur Eindämmung

    der Katastrophe und Schadenregulierung in Vorkasse

    werden die 90Mio Euro Einnahmen bei Weitem übersteigen. Eine halbe Milliarde Euro Einnahmen

    an Konzessionsabgaben wäre gerecht!

    Die Nordsee ist mit das gefährlichste Meer der Welt!

    Für ein derart hohes Risiko sind diese Einnahmen

    lächerlich. Stoppt die Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in Clausthal-Zellerfeld -Mafia!

  • V
    vic

    Ich drücke die Daumen, die Bohrer mögen brechen.

    Wenn dort Öl ist, sol es dort bleiben.

    Erdöl ist Teil der Natur- RWE nicht.

  • UH
    Udo Henn

    Nach dem Muster des Yasuni-Projekts in Ecuador schhlage ich vor, das Deutschland von der internationalen Gemeinschaft Ausgleichszahlungen verlangt, wenn im Watt nicht nach Oel gebohrt wird.

    Projektleiter sollte Gerhard Dilger werden.

  • C
    Charlene

    Wir könnten natürlich alternativ auch die Atommeiler länger laufen und auf Elektro-Autos umstellen...