piwik no script img

Ölförderung am OrinokoVenezuela fädelt Milliardendeal ein

Am Mittwoch unterzeichneten ausländische Firmen ein Abkommen zur Ölförderung am Orinoko in Milliardenhöhe. Die Fördermenge in Venezuela soll bis 2021 mehr als verdoppelt werden.

Venezuelas Präsident Hugo Chávez nutzt seine Daumen auch gerne zum twittern wichtiger Nachrichten. Bild: dpa

PORTO ALEGRE taz/dpa | Über Twitter kündigte Venezuelas Präsident Hugo Chávez am Sonntag Milliardenverträge mit Ölmultis aus Indien, Japan, Spanien und den USA an. Am Mittwoch waren sie unter Dach und Fach. Es sei der Beginn des "neuen venezolanischen Ölprojekts" bei "voller Souveränität", erklärte er.

30 bis 40 Milliarden US-Dollar würden in zwei Ölfelder im Orinokobecken investiert, sagte Energieminister Rafael Ramírez: "Die internationale Anerkennung unserer Erdölpolitik wird bestätigt." Dort sollen in einem Jahrzehnt jeweils bis zu 480.000 Barrel (à 159 Liter) Schweröl täglich gefördert werden, in zwei Jahren bereits je 50.000. Bis 2016 ist der Bau von je einer Raffinerie geplant. Mit einem Anteil von je 60 Prozent übernimmt der einheimische Staatsbetrieb PDVSA in beiden Konsortien die Federführung.

Die ausländischen Investoren, allen voran Chevron (USA), Petronas (Malaysia) und Repsol (Spanien), verpflichteten sich, "Einstiegsboni" in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar zu zahlen. Insgesamt sind am Orinoko im Südosten des Landes 31 Ölfirmen aus über 20 Ländern aktiv. Auf 55.000 Quadratkilometern befindet sich eines der größten Schwerölvorkommen der Welt.

ConocoPhilips und Exxon Mobil aus den USA hatten sich nach der "Nationalisierung" 2007, bei der der 60-prozentige Mindestanteil für PDVSA festgelegt worden war, zurückgezogen. Abnehmende Leichtölreserven und der steigende Ölpreis machen die aufwändige Schwerlölförderung aber immer interessanter. Und PDVSA bleibt auf absehbare Zeit auf internationales Know-how angewiesen. In Venezuela solle die Fördermenge bis 2021 von derzeit 3 Millionen Barrel Öl pro Tag auf 6,7 Millionen Barrel erhöht werden, sagte Energieminister Ramírez.

Am Donnerstagmorgen twitterte Chávez: "Bedauerlicherweise muss ich euch mitteilen, dass vor wenigen Augenblicken die Gasplattform Aban Pearl gesunken ist. Die gute Nachricht ist, dass die 95 Arbeiter gerettet sind." Und kurz darauf: "Jetzt müssen wir prüfen, ob es Risiken gibt!!!" Bei dem Unglück vor der Karibikküste Venezuelas wurde nach Angaben der venezolanischen Regierung von Donnerstag niemand verletzt. Auch bestehe keinerlei Gefahr für die Umwelt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • C
    claudia

    >>In der Brd gibt es das vorerst nur abstrakt in Form der Notstandsgesetze. Mal sehen,was wir da noch an diktatorischen Überraschungen erleben, wenn erst einmal die globale Krise unser Land richtig schüttelt...

  • M
    Martin

    @ Anne: eine grausame Politik Chavez', 'willkürliche Privatisierungen'(Verstaatlichungen)durchzuführen, und 'neue Ressourcen' dazu zu verwenden, 'die ärmeren Schichten erneut zu bestechen'. Man stelle es sich vor, Leute wie Chavez wären in Deutschland an der Macht: Verstaatlichungen, Mindestlöhne, kostenlose Bildung, Grundversorgung, Gesundheitsvorsorge usw. Eine Umwertung unserer Werte. Die Bestechung der Armen, vor allem in Lateinamerika, ist jedoch das größte Verbrechen: eine Gesellschaft, in der Menschen nicht mehr verhungern? Was kann man dagegen tun, Anne?

  • G
    Galeano

    Venezuelas Öl ist auch unter den Chavezisten die Hauptgrundlage seines Reichtums. Ohne das Öl ist der Kampf gegen die Armut in Venezuela vorläufig undenkbar.

    Die Frage an die Chavezisten stellt sich, ob sie ihren Kampf gegen die Verarmung, gegen den Analphabetismus u n d gegen die Abhängigkeit vom Ölexport auf eine breitere Grundlage stellen können, wenigstens eine relative industrielle Autonomie- meinetwegen mit Hilfe solidarischer lateinamerikanischer Länder (Bolivien, Paraguay usw.) erlangen können.

    Wenn nicht, ist der gesamte "Sozialismus -im -21. Jahrhundert"-Versuch in Gefahr.

    Im übrigen: All "Sozialismus-in-einem-Land"-Versuche sind und bleiben immer vom sie versteckt oder offen bekämpfenden -wütenden-politischen und militärischen kapitalistischen Imperialismus, vor allem der USA und der EU bedroht,der immer auch infiltrierend mit "gekauften" Kräften in diesen antikapitalistischen Ländern arbeitet, vor allem mit den Angehörigen der dortigen Eliten, deren bisherige Privilegien bedroht sind.

     

    Das wiederum erklärt, weshalb vorläufig bei diesen Sozialismusversuchen immerzu so etwas wie Kriegs- oder Vorkriegszustand herrscht und damit die Gefahr der D i k t a t u r("Kriegskommunismus) ständig gegeben ist.

    In der Brd gibt es das vorerst nur abstrakt in Form der Notstandsgesetze. Mal sehen,was wir da noch an diktatorischen Überraschungen erleben, wenn erst einmal die globale Krise unser Land richtig schüttelt...

    Das alles muß man in Erwägung ziehen, wenn man über das heutige Venzuela nachdenkt. Chavez` "Deal" ist eine sehr ambivalente Unternehmung, weil die Heteronomie vom Ölexport vorerst bleibt und die Umweltvernichtung vorangetrieben wird. Das muß einen mit großer Sorge erfüllen, genauso wie der BP-Unfall vor Mexiko.

    So viele Gefahren, die die Chavezisten für die Armen ihres Landes auf sich nehmen,ständig bedroht von außen , innen, und auch von sich selbst: ich wünsche ihnen weiterhin revolutionären Mut, Geduld,

    starke Fähigkeit zu unaufhörlicher Selbstkritik und -korrektur.

    Positiv ist an dem "Deal" für mich immerhin, daß der größte Teil der Erträge in Venezuela bleibt, was in der Geschichte des westlichen Imperialismus(Beispiel früherer Iran,heutiger Irak usw.) selten der Fall war.Insofern ist Chavez auch nicht "käuflich" (an von vic),zumal er seine Politik nach innen oder außen ja nicht ändert im Sinne der Konzerne, mit denen der Deal ausgehandelt wurde.

  • OO
    oversea observer

    An die Leserin "Claudia" welche mit ihrer "deutschen Lupe" nach Suedamerika kommt: (Sowie an alle "Euro-Missionare - ob "gruen" oder "vatikantreu") Kuemmert euch doch jetzt mal um eure eigenen sozialen Probleme im Natoreich - besonders um die "Auslaender" und die Romas. 2010 sind es zwei Jahrhunderte seit 1810 und dem Anfang vom Ende der europaeischen Kolonialherren - und glaub dies: Die Suedamerikaner wollen euch und die Amis sogar nicht einmal als Turisten: Geht and helft Griechenland!

  • A
    anne

    @pacman: Danke für deinen freundlichen Hinweis, natürlich muß da "Verstaatlichung" stehen.

    (ps: Check selbst mal deine Grammatik und sei dir gewiß, dass, zumindest meine "Äußerung", das Erleben und die Wahrnehmung sehr vieler -vielleicht der meisten- Venezuelaner widerspiegelt. Könnte für manchen Leser der taz interessant und wichtig sein.)

  • C
    claudia

    Ja so ist das: Erst mal der wirtschaftliche Aufbau, die Umwelt kommt danach.

    Wir können heute natürlich locker drüber stehen, längst wissen wir nicht mehr, daß die Industrialisierung Europas mit massiven Eingriffen das Ökosystem verbunden war und -zig Millionen Menschen einen frühen Tod starben, bevor man mal stolz auf die „Industrienation” sein konnte...

     

    In Irland war es übrigens ab ca. 1960 genau so. 20 Jahre später war der Shannon River so tot wie der Friedhof um Mitternacht. Erst nach der Industrialisierung hat man sich um Sanierung der Umwelt bemüht.

    Das machen seit 200 Jahren alle so, Venezuela auch.

     

    ---

    >>die ärmeren Schichten erneut bestechen

  • A
    Anne

    Lieber Redakteur,

    habe in meinem Kommentar "Privatisierung" statt "Verstaatlichung" geschrieben -da hat ´pacman` recht. Könnte das vielleicht bitte geändert werden?

    Wäre sehr dankbar.

    anne

  • P
    pacman

    dir Graupe ist schon klar,dass es Verstaatlichung und nicht Privatisierung heißt oder? -.-

    wieso gibts blos soviele noobs, die meine ihre Äußerungen interessieren irgendwen?

  • A
    Anne

    Chavez ist gefährlich. Dieser "deal" gibt ihm, der das Land herunterwirtschaftet und Menschen ihrer hart erarbeiteten Existenzgrundlage durch willkürliche Privatisierungen entzieht, neue Ressourcen, die er verschleudern und mit denen er die ärmeren Schichten erneut bestechen kann!!!

    Ich hoffe so sehr, dass Venezuela sich am 26. September trotzdem von ihm befreien wird, und dass ihm die Gier der großen internationalen Konzerne nicht dabei helfen wird, zu überleben!

    Er ist ein Demagoge, ein "aggressiver Clown" und so

    machtbesessen -seine Leute sind gekauft, wer eine Kritik äußert, sei sie noch so klein, darf gehen.

     

    Eines von hunderten täglichen Beispielen, die einen fast ohnmächtig machen können: Eine kluge junge Journalistin fragt drei der wichtigsten Fragen, die das Land bewegen. Chavez schafft es in seiner 30 minütigen Antwort auf keine davon zu antworten, ABER sie und die Opposition herunter zu machen und zu bedrohen!!!

    http://www.youtube.com/watch?v=XoJqBeRGa-Y

  • OO
    oversea observer

    "faedelt" ??? "erwirkt" waere doch serioeser! Trotz dem "Weichen Krieg" Washingtons gegen Venezuela: Die 1000 Mitglieder der USA Handelskammer in Venezuela freuen sich! Auch die Exporteure der USA Agrarindustrie! Und besonders die 200,000 armen "Americans" welche jeden Winter ihre teures Heizungsoel geschenkt bekommen von Venezuelas "Citgo" in USA...

  • CG
    Claudia Giefer

    Hallo, Gerhard,

    schön, dass du jetzt für TAZ aus Südamerika berichtest!

    Wolfgang und ich werden uns Hugo Chavez mal etwas genauer unter die Lupe nehmen: Ab September werde ich in Caracas am Colegio Humboldt unterrichten: Bist herzlich eingeladen.

    Da ich deine Adresse nicht habe, auf diesem Weg die besten solidarischen etc. Grüße!!!

    Claudia

    Nana

    Wolfgang

    (0731-5502233)

  • JJ
    Jared J. Myers

    Grundsätzlich ist nichts dagegen einzuwenden, dass Ölferder mit ausländischen Investoren entwickelt werden, so lange das Land seine Rohstoffe nicht vollständig in fremde Hände gibt. Dass das nicht passiert, nehme ich Herrn Chávez ab.

     

    Ob seine Regierung sich allerdings darüber klar ist, was die Schwerölgewinnung in der "faja petrolífera del Orinoco" für die Umwelt und die Wasserqualität der Llanos bedeutet, weiß ich nicht. Eine Studienreise nach Alberta wäre dringend anzuraten.

     

    In beiden Erdölprovinzen besteht das Öl vor allem aus den hochsiedenden, hochviskosen Fraktionen, die zunächst unter Zurücklassung einer Menge Mondlandschaft abgebaut und dann mittels cracking zu den leichteren Fraktionen weiterverarbeitet werden müssen. Zum Teil sind große Mengen heißen Wassers zur Herabsetzung der Viskosität erforderlich - das Wasser kann nur zum Teil im Kreislauf geführt werden und hinterlässt stinkende Resteseen.

     

    Zumindest würde ich mir gerne mal die "Estudios de Impacto Ambiental" für die geplanten Fördermassnahmen ansehen...

  • V
    vic

    So Chávez, jetzt hast du bei mir verschissen.

    Bist eben auch nur käuflich wie alle anderen.