Ökostrom-Anlagebetrüger verurteilt: Potemkinsche Bioheizkraftwerke
Toprenditen mit Pflanzenöl-Strom. Elf Mitarbeiter der GfE wurden des Betrugs überführt. Einige waren vorbestraft – wegen Betrugs mit Photovoltaikanlagen.
NÜRNBERG taz | Ein Fall von besonders dreistem Betrug in der Ökobranche endete jetzt mit Haftstrafen für elf Manager. Die Gesellschaft zur Förderung Erneuerbarer Energien, kurz GfE, hat Anlegern mit Pflanzenöl-Blockheizkraftwerken (BHKW) 20 Jahre lang bis zu 30 Prozent Jahresrendite versprochen. Aufgestellt wurden nur ein paar Container, die zudem nicht die versprochene Strommenge lieferten. Von einem „potemkinschen BHKW-Dorf“ sprach die 12. Strafkammer am Nürnberger Landgericht.
Entsprechend schauten die 1.419 Kunden der GfE in die Röhre: Die meisten „Wundermaschinen“ gab es nicht, 62 Millionen Euro Schaden wurde so angerichtet, bis die Staatsanwaltschaft die GfE-Gruppe mit ihrem weit verzweigten Firmenkonstrukt am 30.11.2010 stilllegte. Am Donnerstag endete nach 94 Verhandlungstagen im Nürnberger Justizpalast der Prozess. Die elf Männer aus Geschäftsleitung, Vertrieb und Produktion „waren angeklagt, weil Betrug der Geschäftssinn war. Alle waren Teil einer betrügerischen Organisation“, so das Gericht.
Das weit verzweigte Unternehmen arbeitete laut Anklageschrift mit einer Art Schneeballsystem: Das Geld neuer Kunden floss an die bereits bestehenden Kunden. Auch sich selbst hätten die Beteiligten großzügig bedacht. Dass es zu dem Betrug kommen konnte, dazu hatten zwei Prüfberichte von TÜV Süd und Dekra beigetragen, von der GfE-Führung als „Gutachten“ hochgejubelt. TÜV Süd und Dekra hatten zwar einen bestimmten Verbrauch der Kraftwerke zertifiziert, aber nicht gemessen, wie viel Strom damit erzeugt wird. Die GfE hat eine extrem hohe Stromausbeute einfach behauptet.
„Das wäre ein Wirkungsgrad von über 70 Prozent, nach heutigem Stand der Technik nicht herstellbar“, wie das Gericht klarstellte. Das hatte im Übrigen „keine Zweifel“ an den Sachverständigengutachten eines Professors der Uni Erlangen, der bestätigt: Das sei physikalisch unmöglich. Ihm glaubten die Richter „im Gegensatz zu TÜV Süd und Dekra“.
Die Urteile reichen von neun bis drei Jahren Haft. Einige Angeklagte waren wegen Betrugs mit Photovoltaikanlagen vorbestraft. „Sie wussten ganz genau, dass diese ökologischen Anlagen bei Anlegern ziehen: Mit 30 Prozent Rendite ist ordentlich zu verdienen, und nebenbei rettet man den Planeten“, sagte der Richter. Die versprochene Rendite sei jedoch eine „reine Luftnummer“ gewesen – „größenwahnsinnig, kriminell und betrügerisch“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja