piwik no script img

■ ÖkolumneAnrufen, Rexrodt! Von Bernward Janzing

Herr Rexrodt, ich mache Ihnen ein Angebot. Wenn Sie es annehmen, schaffen wir Arbeitsplätze, sparen Staatsausgaben, fördern Zukunftstechnologien und schützen das Klima. Sie werden schon ahnen: Es geht um regenerative Energien. Kommen wir also zur Sache: Die regenerativen Energien brauchen Geld für die Markteinführung. Forschungsförderung ist zwar eine famose Sache, das Stromeinspeisegesetz gegenüber früheren Tarifen eine grandiose Errungenschaft, aber für die Energiewende reichen diese Instrumente einfach nicht aus. Der umweltfreundliche Strom braucht mehr politische Unterstützung. „Pfui!“ hört man sie schon schreien, die Privatisierer, Liberalisierer und Deregulierer, die staatliche Unterstützungen auf dem Markt für nicht mehr opportun halten.

Lassen wir sie schreien, sie werden schon verstummen. Denn auch vor diesen Marktideologen brauchen die regenerativen Energien sich nicht zu verstecken. Das einzige, was sie dringend brauchen, ist Gleichberechtigung, kein bißchen mehr. Die Atomforschung hat in den vergangenen Jahren irrwitzige Summen aus dem Staatshaushalt erhalten, und auch die Subventionen des Kohlebergbaus sind heute noch gigantisch. Sie kennen die Zahl: Mit dem grotesken Betrag von 120.000 Mark jährlich wird jeder Arbeitsplatz im Kohlebergbau staatlich subventioniert.

Damit sind wir am entscheidenden Punkt: Dieses Geld schrittweise zu den regenerativen Energien umzuschichten ist ökologisch erforderlich und ökonomisch dringend geboten. Von den zusätzlichen Arbeitsplätzen ganz zu schweigen. Und genau da, Herr Wirtschaftsminister, setzt nun mein versprochenes Angebot an: Geben Sie mir jährlich 120.000 Mark, und ich werde – indem ich das Geld in die Nutzung regenerativer Energiequellen investiere – damit mindestens zwei Dauerarbeitsplätze schaffen. Doppelt soviel, wie Sie mit ihrer Kohleförderung erreichen. Ich biete Ihnen also eine Halbierung der Subventionen an – welcher Marktwirtschaftler kann dazu schon nein sagen?

Wenn Sie auf das Angebot eingehen, können Sie auch persönlich nur gewinnen. Denn nie war das Image des Ökostroms besser als heute. Gleich mehrere Solarfabriken werden gerade in Deutschland errichtet; ein Häuslebauer, der keine Solaranlage installiert, gilt bald als zurückgebliebener Tropf. Moderne Landwirte denken über Biogas nach, fast jede Gemeinde mit Waldbesitz diskutiert über Holzhackschnitzelanlagen, und auch die Wasserkraft feiert in den Mittelgebirgen eine Renaissance. Und dann natürlich der Wind. Wissen Sie, wie bei uns im Schwarzwald die Stimmung ist? Landwirte erkennen plötzlich die Möglichkeit, sich durch die Windkraft ein kleines Zubrot zu verdienen, denn die Landwirtschaft in den kargen Höhenregionen ist ein mühsames Geschäft. Gemeinderäte entdecken die Chance, dem strukturschwachen Raum neue Perspektiven, der ländlichen Kultur damit Überlebenshilfe zu geben. Und Bürgermeister stellen plötzlich fest, daß Windkraftanlagen ihrer Gemeinde ein modernes Image geben; so wie jener Bürgermeister im Schwarzwald, der bereits seit fünf Jahren ein Windrad auf seiner Gemarkung weiß und sich heute über die positive Resonanz bei den Touristen freut.

Herr Rexrodt, ich weiß doch, daß wir auch bei der Standortdiskussion gar nicht weit voneinander entfernt sind. Sie wollen den Standort Deutschland fördern, und das ist auch richtig so. Aber machen wir das in Schritten, fangen wir vielleicht erst einmal mit dem Standort Feldberg an. Sobald sich dort oben die Windräder drehen (ich schätze mal, zehn Megawatt sind locker drin), werden weitere Standorte im Schwarzwald und anderen Mittelgebirgen realisiert. Den Standort Deutschland immer vor Augen. Mit Arbeitsplätzen, die durch die Umschichtung entstanden sind, zum Sonderpreis von 60.000 Mark je Job.

Es ist doch keine Frage mehr: Kohle war gestern, morgen kommen Sonne, Wind und Wasser, Biogas und Holzhackschnitzel. Je schneller der Wandel kommt, um so besser. Für die Umwelt, für die Arbeitslosen, für Ihre Kasse. Und natürlich für Ihr Image.

Was nun? Wollen Sie sich das entgehen lassen? Für 60.000 Mark jährlich gibt es einen Arbeitsplatz, für 120.000 Mark gibt es zwei, für 180.000 Mark drei. Und so weiter – immer zur Hälfte Ihres traditionellen Haustarifs. Herr Rexrodt, ich warte auf Ihren Anruf.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen