Ökologische Landwirtschaft: Vertikaler Gemüseanbau
In Ruanda fördert eine Initiative nachhaltige Ideen von Jugendlichen. Eine besteht in einem neuen Gewächs- und Bewässerungssystem.
„Wir brauchen einen neuen Weg, Nutzpflanzen zu kultivieren“, schlussfolgert deshalb Kajyibrami Ghilain. Der 18-jährige Schüler will Großstädtern in seinem Heimatland ermöglichen, ein wenig Landwirtschaft in den eigenen vier Wänden zu betreiben. Seit einigen Monaten entwickelt Ghilain „Green Wall“, ein vertikales Gewächs- und Bewässerungssystem, das sich an Hauswänden befestigen lässt.
Aufgeschnittene, umgedrehte Plastikflaschen bilden – mit Erde befüllt – eine Art Blumenkübel. Das Verschlussende der Flasche ruht auf einem Rohr, eine elektrische Pumpe versorgt die Pflanzen durch eben dieses Rohr gleichmäßig mit Wasser. „Und das Ganze kostet nur 25 Dollar“, sagt Ghilain stolz. Bei Freunden und Verwandten hat er das System schon installiert. Auf deren Balkonen wachsen nun Salat, Schnittlauch, Rosmarin und künftig auch Tomaten und anderes Gemüse.
Ghilains Projekt ist Teil der vergangenen Oktober gegründeten Initiative African Union Youth for Change (AUY4C). Damit will die ruandische Regierung ökologische Projekte von Jugendlichen fördern. Leiterin des Projekts ist Diane Mushimiyimana. Die Unternehmerin steht stellvertretend für die offensive Fortschrittsgläubigkeit vieler Ruander. 24 Jahre nach dem Völkermord an der Volksgruppe der Tutsi sind viele stolz auf das ruandische „Wirtschaftswunder“. Um 8 Prozent wächst die Wirtschaft jährlich, der neue Wohlstand soll die Erinnerung an die blutige Geschichte des Landes tilgen.
Dazu dient auch AUY4C. „Die Jugendlichen brauchen etwas, um die dunkle Vergangenheit loszuwerden“, sagt Mushimiyimana. Außerdem sollen sich junge Ruander in die nachhaltige Gestaltung ihres Heimatlands einbringen. „Lokale Lösungen für lokale Probleme“, nennt Mushimiyimana das.
entstand im Rahmen einer Journalistenreise der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen
Und an möglichen Lösungen mangelt es nicht. Ein Schüler hat eine Seife auf pflanzlicher Basis entwickelt, die Entzündungen lindert und günstig herzustellen ist. Zwei Studentinnen haben das Modell eines Landwirtschaftsroboters gebaut, der schonend Äcker in Hanglage bewirtschaften kann.
Was fehlt ist eine Finanzierung – Geld zur Implementierung der Ideen stellt die Regierung nicht zur Verfügung. So wirkt Ghilain nicht gerade zuversichtlich, dass sein Projekt in größerem Stil umgesetzt wird. „Vielleicht versuche ich mich auch mal in anderen Geschäftsfeldern“, überlegt der Schüler. Vorher soll es zum Studieren nach Kanada gehen. Dort gibt es übrigens mehr als genug Ackerfläche.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Scholz fordert mehr Kompetenzen für Behörden