Ökologe über Plastik im Trinkwasser: „Das Risiko muss geklärt werden“

Eine WHO-Studie weist Mikroplastik in Mineralwasser nach. Was das für Mensch und Wasserkreislauf bedeutet, bleibt ungeklärt, bemängelt Thomas Fischer.

Roter Plastikbecher schwimmt im Hafenbecken

Nutzlos und dann weg damit: Zersetzung in Mikroplastik Foto: dpa

taz: Herr Fischer, nach einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in den USA enthält Mineralwasser in großem Maße Mikroplastik. Haben wir das Problem auch?

Thomas Fischer: Das kann man nicht ausschließen. Warum sollten die Ergebnisse für deutsche Produkte anders sein als in den USA. Dass Flaschenwasser Mikroplastik enthält, kann unterschiedliche Gründe haben. Wahrscheinlich stammen die meisten Partikel aus der Umwelt und sind über das zur Getränkeherstellung verwendete Wasser in das Getränk gelangt. Durch weggeworfene Verpackungen, Reifenabrieb, Textilfasern oder Putzmittel reichert sich Mikroplastik in der Umwelt an. Wir brauchen dringend Forschung darüber, wie viel Mikroplastik schon im Quell-, Oberflächen- oder Leitungswasser enthalten ist. Das Plastik landet auch auf unseren Tellern. Beispielsweise wurde Mikroplastik in Fischen und Muscheln nachgewiesen.

Was passiert, wenn Menschen Wasser mit Mikroplastik trinken?

Fischer: Einmal in den Organismus aufgenommen, kann das Mikroplastik kaum noch ausgeschieden werden. Untersuchungen bei Tieren haben gezeigt, dass die Aufnahme von Plastikpartikeln zu Darmverschlüssen und Verletzungen an Schleimhäuten führen kann. Das nicht abgebaute Plastik kann sich im Gewebe ansammeln und auch zu Entzündungen führen. Über die langfristigen Auswirkungen auf den Menschen ist nur wenig bekannt. Hier dürfte vor allem die aufgenommene Menge entscheidend sein. Je mehr Plastik, desto schädlicher für den Organismus.

Sollen Verbraucher also besser Wasser aus dem Hahn trinken?

ist Leiter Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH), einem Umwelt­verband mit Sitz in Berlin.

Fischer: Den Durst mit Leitungswasser zu löschen ist besonders umweltfreundlich, weil Verpackungen und Transportwege entfallen. Doch auch bei Leitungswasser liegen keine Studien vor, die Entwarnung geben. Der Eintrag von Mikroplastik in die Umwelt muss unbedingt gestoppt werden.

Gibt es Studien, die Mineralwasser aus deutschen Supermärkten untersucht haben?

Mir sind keine Studien bekannt, die Mineralwasser oder Quellwasser auf Mikroplastik untersucht haben. Die Studie der WHO soll jedoch Anlass geben, entsprechende Untersuchungen zu veranlassen, um Klarheit über Plastikteilchen in Leitungs-, Oberflächen- und Mineralwasser zu schaffen. Nur dann wissen wir, wie groß das Problem wirklich ist.

Was stellen Sie sich unter internationalen Lösungen vor?

Die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten dürfen vor diesem brisanten Thema nicht länger die Augen verschließen. Das gesundheitliche Risiko, das von den Plastikpartikeln ausgeht, muss geklärt werden. Dafür müssen Studien in Auftrag geben werden, die den Anteil von Mikroplastik im Trinkwasser untersuchen. Mikroplastik in der Umwelt macht vor Landesgrenzen nicht halt. Mehr als 150 Millionen Tonnen Plastikmüll schwimmen derzeit in den Weltmeeren. Abfallvermeidung, Pfandsysteme und Recycling müssen viel stärker als bisher umgesetzt werden.

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