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Ökoautos sind kein MarkterfolgAn der Tanke regiert die Gewohnheit

Trotz des großen politischen Aufwands haben sich die Alternativen zu Benzin und Diesel nicht durchgesetzt. Nur 1,4 Prozent der 43 Millionen Pkws in Deutschland laufen mit Strom oder Gas.

Sind bisher noch kein Renner auf dem Markt: Autos mit Gasantrieb. Bild: dpa

HAMBURG dpa | Die allermeisten Autofahrer in Deutschland tanken Benzin oder Diesel. Von den im Jahr 2011 knapp 43 Millionen Pkw auf deutschen Straßen sind weniger als 600.000 in der Lage, Autogas oder Erdgas zu tanken, mit Strom zu fahren oder als Hybridfahrzeug eine zusätzliche Antriebsenergie neben Benzin zu nutzen.

Der Anteil alternativer Antriebe liegt bei 1,4 Prozent und damit nur unwesentlich höher als im Jahr zuvor. Das zeigen Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) in Flensburg. Von einem nennenswerten Markterfolg für gasbetriebene Autos ist nichts zu sehen.

Die jahrelange steuerliche Förderung der alternativen Antriebe ist damit weitgehend ins Leere gelaufen. Dank niedriger Steuern fällt die Tankrechnung für die Besitzer von Autogas- und Erdgasautos 30 bis 50 Prozent niedriger aus als für die geplagten Fahrer von Benzin- und Diesel-Pkw.

Die haben das bisher teuerste Tankjahr aller Zeiten hinter sich und Besserung ist nicht absehbar. Die gasbetriebenen Autos sind in der Anschaffung oder Umrüstung teurer, aber ab einer jährlichen Fahrleistung von 13.000 oder 15.000 Kilometern lohnt sich rechnerisch die Anschaffung eines Gasautos spätestens nach fünf Jahren.

Autogas und Erdgas

Autogas oder LPG (Liquified Petroleum Gas) ist ein Flüssiggas aus Propan und Butan, das für die Verbrennung in Automotoren optimiert ist. Es entsteht als Nebenprodukt bei der Herstellung von Benzin und Diesel in der Raffinerie und wird mit Tankwagen zu den Tankstellen transportiert.

Autogas verbrennt umweltfreundlicher als Benzin; der Schadstoffausstoß von Stickoxiden liegt um etwa 20 Prozent niedriger und die CO2-Emissionen vermindern sich um rund 15 Prozent. Es ist als Kraftstoff in den meisten europäischen Ländern etabliert, mit unterschiedlichen Marktanteilen.

Der Preis für Autogas liegt in Deutschland - gemessen am Energieinhalt und je nach aktuellem Benzinpreis - um rund ein Drittel niedriger als für Benzin. Die Oktanzahl beträgt 103 bis 115 ROZ, je nach Mischungsverhältnis, und ist damit höher als bei Benzin.

Erdgas als Kraftstoff oder CNG (Compressed Natural Gas) besteht überwiegend aus Methan und wird unter wesentlich höherem Druck in gasförmiger Form über Rohrsysteme an die Tankstelle gebracht.

Das ist aufwendiger und teurer als bei Autogas; dementsprechend ist die Zahl der Zapfsäulen mit 900 gegenüber 6200 bei Autogas erheblich niedriger. Erdgas wird zumeist von Gasversorgern an den Tankstellen angeboten.

Es kostet im Vergleich zu Benzin ungefähr die Hälfte und weist eine Oktanzahl von 120 bis 140 ROZ auf. Der CO2-Ausstoß ist um rund 25 Prozent geringer als bei Benzin. Erdgas kann vollständig durch Bio-Methan ersetzt werden, was die Umweltbilanz nochmals entlastet. (dpa)

460.000 PKWs laufen mit Gas

Ganz vorn liegt bei den alternativen Antrieben das Autogas oder LPG (Liquefied Petroleum Gas, siehe Textkasten), ermittelte das Bielefelder Fachblatt Autogas-Journal. Autogas erreicht mit knapp 460.000 Pkw fast 80 Prozent Marktanteil an den alternativen Antrieben und schaffte im vergangenen Jahr ein Wachstum von neun Prozent. Autogas ist eine flüssige Mischung aus Butan und Propan und kann in Deutschland bei mehr als 6.200 Tankstellen getankt werden. Damit ist es flächendeckend verfügbar.

Das ist ein beträchtlicher Wettbewerbsvorteil gegenüber dem nächsten Konkurrenten, dem Erdgas. Mit 900 Zapfsäulen an den insgesamt rund 14.700 Tankstellen in Deutschland ist es weniger verbreitet und erreicht dementsprechend einen Marktanteil von knapp 13 Prozent an den alternativen Antrieben. Die Erdgas-Wirtschaft versucht seit mehr als zehn Jahren, das Erdgas-Auto zu etablieren. Doch bis heute fahren laut KBA nur knapp 75.000 Pkw mit Erdgas.

Für den fehlenden Markterfolg finden Experten unterschiedliche Ursachen. "Es gibt immer noch zu wenig Automodelle", meint Rainer Wiek vom Energie-Informationsdienst EID. Andererseits sind einige gängige Massenautos von VW, Opel, Mercedes und Fiat als Erdgasautos erhältlich; bei Autogas ist die Auswahl noch größer.

"Es gibt kein Marketing für Autogas und Erdgas", sagt Martin Steffan vom "Autogas-Journal". In anderen europäischen Ländern - zum Beispiel in Polen, Italien, den Niederlanden und der Türkei - hat Autogas weitaus größere Marktanteile gewonnen.

Biosprit nur langsam im Kommen

Die deutschen Autofahrer sind konservativ, wenn es um den Antrieb und Kraftstoffe geht - das hat zuletzt die missglückte Einführung von E10 gezeigt. Der Biosprit kommt nur langsam auf einen nennenswerten Marktanteil, obwohl er drei Cent günstiger ist als Superbenzin.

Autogas und Erdgas haben exzellente technische Kraftstoff-Eigenschaften, sind preisgünstig, umweltfreundlich, verfügbar und sicher. Nachteil gegenüber dem Diesel- und Benzinauto ist vor allem die geringere Reichweite - aber auch ein Gasauto schafft rund 400 Kilometer.

Vor diesem Hintergrund scheint es fast verwegen, wenn die Bundesregierung bis 2020 als Ziel eine Million Elektro-Autos auf Deutschlands Straßen anstrebt. "Das wäre eine enorme Kraftanstrengung", meint Steffan. "Innerhalb von nur neun Jahren ist das extrem ambitioniert bis unrealistisch." Bislang sind Elektro-Autos teuer, langwierig zu betanken, wenig erprobt. Und deshalb gibt es in ganz Deutschland bislang nur gut 4.500 von ihnen.

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9 Kommentare

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  • F
    Fenriswolf

    Mal drüber nachdenken, VW Golf mit Autogas Hyrbidantrieb doppelte Tankkosten zu Prius. Citroin zum Thema Erdgas, kaufen sie ihn besser nicht der steht dauernd in der Werkstadt.Ford hat zumindest einen Im angebot gehabt den er auch verkaufen wollte 10.000 Euro teuerer als das Standartmodell. Also nen neuwagen mit autogas oder Erdgas zu bekommen ist nicht wirklioch was.

    Und wehe man lässt einen Neuwagen in der freien Werkstadt umrüsten. Es verfallen sofort alle Garantien , sogar auf den Scheibenwischer. Wer will den Ärger haben erstmal BMW Skoda etc zu verklagen das Garantieleistungne erbracht werden?

     

    Und dann kommt ein Auto wie der VW Lupo, 800 km Autobahn gefahrnen + ein bisshen Stadt, und nen Verbrauch von unter 3l, 2,8 mit 2 Leuten umgeklappter Rückbank und Kofferaum voll. Und dann wird er eingestellt. DAvor war er schon Monatelang nicht mehr bestellbar.

  • J
    Jörg

    Stormchaser: Nein, das ist eben nicht nett und einfach gesagt. Vielmehr hat man mit dieser Ansicht die blökende Mehrheit der komfortübersättigten Bequembürger gegen sich, denen ein kaputtgesparter Rest-ÖPNV immer wieder eine willkommene Ausrede liefert, dann doch lieber das Auto zu nehmen.

     

    Ich will diese Ausrede ja auch gerne gelten lassen, ich kenne ja den nekrotischen Zustand des ÖPNVs leider nur zu gut (zumal ich keineswegs auch nur annähernd in einer "Metropole wohne, sondern in einer 33.000-Einwohner-"Stadt", in der das Auto noch heilig ist). Nur beschreibt das nunmal den HEUTIGEN Zustand - aber die Verkehrswende, die eben noch nie versucht worden ist, würde ja heißen, dass der ÖPNV massiv ausgebaut und verbilligt wird. Dass das nur zulasten und auf Kosten des Autoverkehrs passieren kann, ist natürlich auch klar. Also bitte nicht die gammeligen Äpfel von heute mit den noch zu pflanzenden Birnen von in zehn Jahren vergleichen.

  • S
    Stormchaser

    "Trotz des politischen Aufwands..." - das allein reicht halt nicht aus. Die Technik muss halt auch noch mitspielen. Mein (Erdgas-Hybrid-)Firmenwagen wurde innerhalb von sechs Monaten drei Mal ausgetauscht. Erst ein kaputter Kat, dann defekte Benzindüsen. So will man nicht fahren. Aber ich denke, dass sich dieses Problem mittlerweile etwas gelegt hat und in Zukunft ganz verschwinden wird. Deshalb finde ich es ein wenig zu früh, um (scheinbar) endgültige Prognosen zu stellen. Viel wichtiger ist jetzt, das Tanknetz auszubauen. Ich kann nicht nur in Hamburg, Bremen, Stuttgart fahren. Wenn ich jedoch in Hintertupfingen hundert Kilometer zusätzlicher Fahrtstrecke einrechnen muss, allein zwecks Tanken, dann vergeht mir die Lust auf den Gasantrieb.

     

    @ Jörg:

     

    Diese "Verkehrswende" will ich sehen! Das ist alles nett und einfach gesagt, wenn man in einer Großstadt oder Metropolregion lebt. Versuchen Sie einmal, mit den "Öffentlichen" in ländliche Regionen zu gelangen, womöglich noch mit einem familiengerechten Großeinkauf als Gepäck. Aussichtslos!

  • M
    Martin

    Es ist gut, dass es Alternativen gibt, aber ich verstehe nicht, warum die nicht genutzt werden. Bei Erdgas kann ich das ja noch verstehen, weil die Reichweite nicht besonders toll ist, aber Autogas-Fahrzeuge sind immerhin ein Beginn, überhaupt etwas machen zu können. Wenigstens die sollte man im Alltag auch nutzen.

  • K
    karsten

    Ich habe vor kurzem einen gebrauchten Toyota Prius II gekauft: ich verstehe nicht, warum das nicht mehr Leute tun:

    - bequem, genug Platz

    - leise

    - macht Spaß

    - sparsam, niedrige Unterhaltskosten, Praxisverbrauch ca. 5.5 l: bei Kälte etwas mehr, im Hochsommer weniger.

    - in der Stadt besonders sparsamer als andere Autos.

    - robust (eignet sich als Taxi, kaum Reparaturen, Bremsbeläge halten fast ewig)

    - moderate Anschaffungskosten (ich habe einen von 2004 mit 33000 km für 8000 Euro gekauft).

    - Automatikgetriebe, Klimaanlage, CD-Radio serienmäßig.

    - wertstabil

     

    Stattdesen kaufen die Leute weiterhin VW und nehmen hohe Kosten, hohen Verbrauch und viele Reparaturen in Kauf. Und Diesel sind doch auch sehr teuer: sowohl in der Anschaffung als auch in Reparaturen. Und Schadstoffe stossen sie auch wesentlich mehr aus.

    Und viele Verbräuche sind geschönt und nur auf dem Prüfstand zu erreichen (z.B. BMW).

     

    Ok ein Nachteil: es ist kein Kombi und der Kofferraum ist nicht viel größer als bei einem Golf.

  • S
    SchnurzelPu

    Wie wo was? Habt Ihr nicht erst kürzlich einen Artikel veröffentlicht, in dem das Elektro-Auto als ökologisches Geisterfahrzeug eingeordnet wurde. Und sind die Methanemmissionen eines Erdgasfahrzeuges nicht in etwa so klimarelevant, wie die CO2-Emmisionen eines Benziners?

     

    Nur ein nicht produziertes Auto ist ein umweltfreundliches Fortbewegungsmittel. Aber wenn man unbedingt eins braucht, dann kein I-Auto für Latte-mit-Schischi Trinker, sondern eins, das man in den fünf Minuten, die man am Tag zwischen Kind abfrühstücken und Job hat, startklar machen kann.

  • J
    Jörg

    Wenn man dann noch bedenkt, dass einerseits Erdgas fast genauso CO2-intensiv, endlich und knapp ist wie Rohöl, andererseits Biosprit gar nicht bio ist, sondern eigentlich "Agrarsprit aus Monokultur" heißen müsste, und noch anderererseits immer noch keiner plausibel erklären konnte, wo der ganze Strom für die Millonen Elektroautos herkommen soll (natürlich bei gleichzeitigem Atom- und CO2-Ausstieg) (von den seltenen Erden für die Akkus mal ganz zu schweigen),

     

    dann bleibt doch eigentlich nur die "Verkehrswende" als einzig machbare Alternative. Also statt einen Irrweg mit Subventionen für andere Antriebsarten künstlich am Leben zu erhalten, massiv in den ÖPNV investieren.

     

    Schade nur, dass es keine einzige Partei gibt, die momentan die "Eier" hätte, mit solchen Forderungen gegen die ADAC-Lobby anzustinken.

  • TM
    Thieve McSpot

    Das Beste wäre immer noch, wenn es einfach weniger Indivudualverkehr gäbe. Und das mit E10 nichts gewonnen und gleichzeitig ein riesiger irreparabler Schaden angerichet wird, ist unbestritten. Anstatt also Steuergelder für immer neue Fahrzeuge für den Individualverkehr zu verwenden und dieses Geld den Konzernen also in den Rachen zu werfen, sollte auch und vor allem aus ökologischen Erwägungen heraus viel mehr in die Verbesserung des ÖPNV und des Schienengüterverkehrs investiert werden. Alles andere ist Augenwischerei.

    Wo soll der Strom für all die herrlichen E-Autos denn herkommen?

    Ist es tatsächlich sinnvoll, Anbauflächen für Lebensmittel stattdessen für die Produktion von Sprit zu verwenden?

    Das waren natürlich rein rhetorische Fragen...

  • B
    Birgit

    Ich würde mir gerne so win Auto holen, aber als Geringverdiener kann ich mir leider keinen Neuwagen leisten. Und so wie mir geht's vielen.