Öko-Themen in Koalitionsgesprächen: Alle auf die Energiewende

Ein nationales Klimaschutzgesetz oder der „Ausbaukorridor“ für die Erneuerbaren – darüber entscheiden nun die Parteispitzen. Gut für die Industrie.

Windrad im Zwielicht – ähnlich undeutlich sind noch die Ziele von Union und SPD in Energiefragen. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) kämpft verbissen gegen die bisherigen Beschlüsse von Union und SPD zur Energiewende. „Die Zukunft des Industriestandortes“ stehe auf dem Spiel, sagte BDI-Präsident Ulrich Grillo am Mittwoch. Dass einige Industrien künftig energieeffizienter arbeiten sollen, wollen sie von der Ökostrom-Umlage befreit bleiben, nannte er eine „Scheibtischidee von Bürokraten“. „Ich setze viel auf die Führungstroika“, sagte Grillo.

Gemeint sind die Parteichefs Sigmar Gabriel, Horst Seehofer und natürlich Angela Merkel. Ihnen obliegt die Entscheidung über die strittigsten Fragen in Sachen Energie, auf die sich die Arbeitsgruppe Energie von Union und SPD in den Koalitionsverhandlungen bisher nicht einigen konnte.

Dazu gehören ein konkreter „Ausbaukorridor“ für erneuerbare Energien bis 2030, mit einer möglichen Ober- und Untergrenze, ein nationales Klimaschutzgesetz und, essenziell für die deutschen Stromkonzerne: die Frage, wie sich alte fossile Kraftwerke rechnen sollen, wenn immer mehr erneuerbare Energien im Netz sind. BDI-Präsident Grillo hält einen Ausbau erneuerbarer Energien von 35 Prozent im Jahr 2020 auf bis zu 65 Prozent im Jahr 2033 für "nicht bezahlbar". Er dürfte einen direkten Zugang zu den Parteichefs haben, um die entscheidenden Punkte im Sinne des BDI vorzutragen.

Erst 15 Köpfe, dann Sechsaugengespräch

Mit der Verlagerung auf die Parteispitzen sinkt auch der Einfluss von Umweltminister Peter Altmaier auf sein erhofftes Meisterstück: eine große Reform der Energiewende, die bis ins Jahr 2030 halten soll. Bis 27. November soll die Koalition stehen, und bevor die drei Parteichefs im Sechsaugengespräch die letzten Streitpunkte ausräumen, tagt eine 15-köpfige „kleine Runde“. In der sitzt bisher nur Hannelore Kraft, nicht aber Peter Altmaier.

„Es ist nicht vorgesehen, dass es eine weitere Runde der Arbeitsgruppe Energie gibt“, heißt es nun aus SPD-Kreisen – also die Runde, in der Altmaier und Kraft jeweils als Verhandlungsführer ihrer Parteien über die Energiewende berieten. Aus CDU-Kreisen äußern manche darüber „erheblichen Unmut“. Kraft verweigere sich Gesprächen, um die strittigen Punkte in der Arbeitsgruppe zu Ende zu führen.

Das scheint aber im Sinne der Parteispitzen: Bereits am Samstag vor einer Woche, als die Arbeitsgruppe Energie ihr mit offenen Fragen gespicktes Ergebnis präsentierte, waren es die beiden Parteivorsitzenden Merkel und Gabriel, die kein grünes Licht für eine Einigung auf einen konkreten Ausbaukorridor gaben, berichtete der Spiegel. Denn damit haben auch Vertreter von Altmaiers Lager große Probleme: „Auch Unionsvertreter in der Arbeitsgruppe Energie sind gegen den Ausbaukorridor. Das ist Planwirtschaft pur“, sagte Josef Göppel, der für die CSU in der Gruppe sitzt, der taz.

Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version dieses Artikels stand zu den Aussagen von BDI-Präsident Ulrich Grillo: „Unter anderem stellt er sich gegen das Mindestziel der Vorgängerregierungen zum Ausbau erneuerbarer Energien von 35 Prozent der Stromerzeugung bis 2020.“ Das ist nicht korrekt. In der Pressemitteilung des BDI steht: „Kein Verständnis äußerte der BDI-Präsident für den angestrebten Ausbau der erneuerbaren Energien von 35 Prozent im Jahr 2020 auf 45 Prozent im Jahr 2023 und bis zu 65 Prozent im Jahr 2033: 'Das ist absolut unrealistisch. Und nicht bezahlbar. Weder vom Bürger, noch von der Industrie.'“

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