Öffentlicher Raum: Romantik verboten
Besucher des Bürogebäudes "Dockland" in Altona werden verfrüht der Aussichtsterrasse verwiesen - dabei hatte der Bauherr lange Öffnungszeiten zugesichert.
Ein rot getränkter Abendhimmel, Blicke schweifen von der Plattform über das Altonaer Hafen-Panorama: Auf dem „Dockland“ stehen ineinander verschlungene Paare, Touristen haben Kameras im Gepäck, ein paar Jugendliche trinken Bier. Doch die Romantik endet abrupt: Ein uniformierter Mann vom Wachdienst bittet, das Dach des rhombenförmigen Bürogebäudes zu räumen. Es ist 21.24 Uhr.
Zu früh, denn als das Dockland gebaut werden sollte, hatte der Bezirk ausgehandelt, dass das Dach bis 22 Uhr begehbar sein werde. Schließlich steht der Rhombus vor dem Elbufer und die Politik legt großen Wert darauf, dass der Strom erlebbar ist. „Zurück zum Fluss!“ heißt die Devise der Stadtplanung seit den 90er-Jahren. Deshalb wurden vor allen Neubauten am Elbufer Promenaden errichtet.
Diese Politik konterkariert der „Dockland“-Eigentümer, indem er sich nicht an die Vereinbarung mit dem Bezirksamt Altona hält. „Wenn die Aussichtsplattform vor 22 Uhr geschlossen wird, ist das vertragswidrig“, sagt der GAL-Abgeordnete Anjes Tjarks, der in einer Kleinen Anfrage an den Senat das verfrühte Schließen moniert.
Der Senat fühlt sich nicht zuständig. Er zitiert in seiner Antwort Auskünfte der Betreiberfirma Robert Vogel: Im Normalfall soll der Wachdienst die Besucher ab circa 21.30 Uhr auf die bevorstehende Schließung um 22 Uhr hinweisen. Bei starkem oder lang anhaltendem Regen, bei starkem oder böigem Wind wird die Terrasse gesperrt.
Ihren Mitarbeitern vor Ort scheint die Firma aber etwas anderes zu erzählen: „Meine Anweisung ist, hier um 21 Uhr dicht zu machen“, sagt der Wachmann. „Wegen der aktuellen Diskussion habe ich extra ein wenig länger offen gelassen.“ Und auch Hamburgs Wetter zeigt sich von seiner wohlwollenden Seite. Von Starkregen keine Spur, der Himmel impressionistisch. Böiger Wind? Eher eine sanfte Brise.
Unumstritten war das Dockland nie: Erst nachdem der Bau auf eine eigens aufgeschüttete Elbinsel auswich, konnte das Projekt angeschoben werden. Von der Elbe aus gesehen reiht sich das schiffsartige Gebäude in die architektonische„Perlenkette“ entlang der Elbe ein. Die Anwohner hinter der Glas-Beton-Konstruktion beklagen, dass ihnen der Elbblick versperrt wird. Tjarks hingegen geht es ums Prinzip: „Investoren reißen sich die Filetstücke an der Elbe unter den Nagel und halten sich dann aber nicht an vertragliche Vereinbarungen“, kritisiert er.
Im Falle des „Docklands“ ging es darum, den öffentlichen Raum, hier in Gestalt des Elbufers, zugänglich zu halten. Das stößt in jedem Fall auf andere Schwierigkeiten. So sind die Privatstraßen im Überseequartier der Hafencity zwar rund um die Uhr geöffnet, das Hausrecht hat jedoch die Hafencity GmbH: Jeder Gebrauch, der „über die Teilnahme am allgemeinen öffentlichen Verkehr oder den Anliegergebrauch hinausgeht“, darf ausgeschlossen werden. Ob Bettler und Obdachlose hier verweilen können oder demonstriert werden darf, muss sich noch zeigen.
Ein Negativ-Beispiel ist das Bavaria-Quartier auf St. Pauli. 2010 verhinderte die Polizei die Abschlusskundgebung einer Demonstration von „Mehr Recht auf Stadt“ vor dem Astraturm. Die vakante Fläche sei Privatgelände, hieß es.
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