piwik no script img

Öffentlich-rechtliche im NetzAngebot wird erweitert

ARD, ZDF und Deutschlandradio bekommen mehr Präsenz im Internet. Um die Finanzquerelen der ARD wollten sich die Ministerpräsidenten aber nicht kümmern.

Einen Tag lang sind die Spiele der Bundesliga auch im Internet. Aber nicht mehr. Bild: ap

Das Bundesland Sachsen-Anhalt und sein Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) sind bislang nicht sonderlich als flotte Gestalter der deutschen Medienpolitik aufgefallen. Jetzt immerhin schlug Börner seinen in Dresden versammelten Kollegen ein Schnippchen: Als diese noch in den Beratungen der Ministerpräsidentenkonferenz zu den künftigen Spielregeln für ARD und ZDF im Internet saßen, meldete sich Böhmer bereits via epd per Pressemitteilung zu Wort. Fazit: der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist in seiner ganzen, hier und da eher fragwürdigen Schönheit beschlossen.

ARD und ZDF dürfen demnach wie bisher jeweils drei zusätzliche digitale TV-Kanäle betreiben, das Deutschlandradio bekommt einen neuen digitalen Radiokanal zusätzlich. Die geplanten Programme "EinsFestival" und "ZDF-Familienkanal" müssten aber noch klarer definiert werden, "denn es sollen keine neuen Vollprogramme geschaffen werden", so Böhmer.

Bei der umstrittenen Frage, wie lange öffentlich-rechtliche Beiträge künftig in den Mediatheken der Sender eingestellt werden dürfen, bleibt es bei der klaren 24/7-Regelung: Spitzensport wie die Bundesliga dürfe nur für 24 Stunden, alle anderen Programme sieben Tage ab Erstsendung zum Download bereitstehen. ARD und ZDF hatten hier für Informationsprogramme längere Laufzeiten gefordert.

Böhmer bewertete das Votum der Ministerpräsidenten positiv: "Der Staatsvertrag hält ARD, ZDF und Deutschlandradio alle modernen Verbreitungswege offen", dazu gehörten auch die sogenannten Telemedien im Internet wie die Mediatheken oder "tagesschau.de".

Offenbar sollen dabei aber auch die bereits bestehenden Angebote nochmals durch den umstrittenen Drei-Stufen-Test: "In einem besonderen Verfahren müssen die Rundfunkanstalten zukünftig unter Beweis stellen, dass neue oder veränderte digitale Angebote einen publizistischen Mehrwert aufweisen, und es muss dargelegt werden, welcher finanzielle Aufwand für das Angebot erforderlich ist." Erst nach Abschluss des Testverfahrens könnten dann solche Angebote an den Start gehen, sagte Böhmer.

Nichts beschlossen die Ministerpräsidenten zu den von der Finanzkommission KEF vorgelegten Alternativmodellen zur ARD-internen Gebührenverteilung. Diese sahen unter anderem eine Erhöhung des Finanzausgleichs vor, der den kleinsten Anstalten Radio Bremen und Saarländischer Rundfunk zugute kommt.

Böhmer sagte lediglich, man habe "die ARD gebeten, die Finanzverteilung innerhalb der ARD zu prüfen". Zudem seien "sowohl der NDR als auch der MDR gute Beispiele für länderübergreifende Kooperation" - was die auf ihre Unabhängigkeit pochenden Kleinstanstalten nur als erneute Kampfansage verstehen können.

Die Gretchenfrage, nach welchen Maßstäben die Rundfunkgebühr künftig überhaupt erhoben werden soll, wurde vertagt: Den Bericht mit Reformvorschlägen für ein neues Rundfunkgebührenmodell nahmen die Länderchefs lediglich zur Kenntnis.

Warum Börner hier seinen Kollegen die Schau stahl und einfach schon mal vorpreschte, erklärt sich übrigens von selbst: Sachsen-Anhalt wirbt schließlich mit dem Slogan "Willkommen im Land der Frühaufsteher".

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

2 Kommentare

 / 
  • RR
    Robert Richter

    Wem nützt es, dass es künftig keine archivierten Informationssendungen

    mehr geben darf? Welcher gesellschaftlicher Schaden wurde bisher dadurch

    angerichtet, dass man die vorletzte Ausgabe des Philosophischen

    Quartetts im Internet finden durfte? Nach welcher Logik will der Staat

    uns diesen erweiterten Zugang zu Bildung und Kultur verwehren?

     

    Es ist ein schlichter Nonsens, das Archivieren von

    öffentlich-rechtlichen Gesprächssendungen, Reportagen und

    Dokumentarfilmen im Internet zu verbieten. Wer soll hier geschont

    werden? Die Privatmedien können nicht gemeint sein, denn sie produzieren

    bekanntlich keine solchen Sendungen, oder nur in sehr geringem Ausmaß,

    und das wird sich in Zukunft auch nicht ändern. Die Zeitungsverlage? Sie

    sind ja für Buchstaben zuständig und nicht für vertonte Bilder.

     

    Wo kann ich dagegen unterschreiben? Wenn eine politische Partei

    protestieren würde, dann hätte sie meine Stimme.

  • RS
    Richard Schranz / digiradio.ch

    Es ist ein Hohn, dass im Zeitalter von Flatrates und Breitband Internet solche rueckwaertsgerichteten Entscheide ueberhaupt eine Ueberlebensfaehigkeit haben und die weitere Entwicklung unserer Informationsgesellschaft dermassen einschraenken koennen. Oeffentlich-rechtliche Anstalten wie ARD und ZDF waeren foermlich dazu praedestiniert gewesen, mit deren Innovationskraft und journalistischer Kompetenz den Konvergenzgedanken voran zu treiben. Projekte fuer Video-on-Demand oder Online Archive duerften somit fuer laengere Zeit ad acta gelegt werden. Mit Gebuehrengeldern finanzierte Produktionen bleiben so dem Publikum von Radio und Fernsehen vorbehalten, obschon sich die Beduerfnisse in Bezug auf unsere Mediennutzung stark veraendert haben. Kaum vorstellbar, dass private Medienunternehmen diese Herausforderung nun selber in die Hand nehmen und uns im Sinne eines "Service publique" mit vergleichbaren Diensten versorgen werden, es sei denn, sie finden eine Moeglichkeit, ihre Contents im Sinne der Zweitverwertung als Pay-Angebote zu vermarkten. Viel mehr Innovation darf wohl kaum erwartet werden.