Occupy-Besetzer in Philadelphia und L.A.: Polizei räumt ab
Mehr als 250 Menschen werden bei der Räumung von Occupy-Camps festgenommen. Die US-Behörden bemühen sich, allzu abschreckende Bilder zu vermeiden.
WASHINGTON taz | Tief in der Nacht zu Mittwoch erklärt Bürgermeister Antonio Villaraigosa bei einer Pressekonferenz in Los Angeles, er sei "stolz" auf seine Polizei. Bei der Räumung des "Occupy LA"-Camps vor dem Rathaus wenige Stunden zuvor hätte sie einen "Professionalismus" und eine "Zurückhaltung" gezeigt, wie er es "nie zuvor gesehen" habe, sagte der Bürgermeister.
Bei dem nächtlichen Polizeieinsatz wurden mehr als 200 Menschen festgenommen. Wenige Stunden zuvor hatten ebenfalls in Kampfuniform gekleidete Polizisten am anderen Ende der USA das "Occupy Philly" Camp geräumt. In Philadelphia kam es zu rund 50 Festnahmen.
In beiden Städten waren zwei Tage vorher "Deadlines" der örtlichen Behörden zur Räumung der besetzten Plätze abgelaufen. In Los Angeles, wo die Polizei bereits am Montag im Morgengrauen angerückt war, musste sie angesichts einer großen Überzahl von nächtlichen Demonstranten unverrichteter Dinge abziehen.
In der Nacht zu Mittwoch war die Polizei stärker. 1.400 Polizisten kamen zu dem besetzten Platz. Staundende Beobachter zählten eine "Ratio von einem Polizisten pro Besetzer". Um 3 Uhr 40 in der Nacht, als der seit dem 1. Oktober besetzte Platz an der Kreuzung von 1st Street und Main Street in Los Angeles fest in Polizeihand war, notierte ein Besetzer im Facebook spöttisch: "Die Stadt hat keine Mittel, um ihre Straßen zu reparieren und ihre Obdachlosenunterkünfte in Stand zu halten. Aber wenn es darum geht, einen besetzten Platz zu räumen, verfügt sie über alle Mittel der Welt."
In beiden Städten ging es den Behörden darum, bei der Räumung neue Szenen polizeilicher Gewalt zu vermeiden. Zuletzt war Mitte November ein Video erschienen, das einen Polizisten in der kalifornischen Universität Berkeley dabei zeigt, wie er am Boden sitzende, untergehakte Demonstranten aus unmittelbarer Nähe mit Pfefferspray besprüht. Als wären sie Ungeziefer. Ein Dutzend Opfer mussten anschliessend medizinisch behandelt werden.
Während der Räumungen gehen an anderen Orten der USA die Besetzungen weiter. In der US-Hauptstadt will die Occupy-Bewegung, die dort bislang auf zwei zentralen Plätzen zeltet, am Mittwoch eine dritte Occupy-Dependenz eröffnen. Sie will ein Zelt vor der Umweltbehörde EPA aufstellen, um gegen deren Laxismus bei den Reine-Luft-Richtlinien zu protestieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin