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Obamas neue AfghanistanstrategieEr kann auch Krieg

Obama will al-Qaida zerstören und sich stärker in Pakistan engagieren. Die Islamisten seien ein "Krebsgeschwür", das Pakistan zu töten drohe. Die Partner sollen sich mehr beteiligen.

Obama will in den nächsten fünf Jahren 1,5 Milliarden US-Dollar für zivile Projekte in Pakistan einsetzen. Bild: ap

US-Präsident Barack Obama macht den Krieg in Afghanistan zu seinem Krieg. Das wird aus der neuen "umfassenden Strategie" deutlich, die er nach langer Ankündigung am Freitag vorstellte. Im Mittelpunkt dieser Strategie stehen die Zerstörung von al-Qaida und der Ausbau der regionalen Diplomatie.

Wie sich schon seit Wochen angedeutet hatte, wollen die USA künftig Pakistan in ihre regionale Strategie einbeziehen und jährlich mit 1,5 Milliarden Dollar für zivile Projekte unterstützen. Obama appellierte an die pakistanische Bevölkerung, den Kampf gegen die Extremisten als mit den USA gemeinsames Interesse zu begreifen. Al-Qaida habe mehr Muslime getötet als Andersgläubige. Die Islamisten und ihre Verbündete seien "ein Krebsgeschwür, das Pakistan von innen heraus zu töten droht".

Obama unterstrich mehrfach, dass es einen guten Grund gebe, den Krieg in Afghanistan zu führen. Denn diese Anstrengung, die schon zahlreiche Soldaten und Zivilisten das Leben gekostet habe, sei eine Investition in die eigene Sicherheit und Zukunft. Sowohl die Nato-Partner als auch Russland, China, Indien und der Iran hätten an einer Verbesserung der Sicherheitslage in Afghanistan und Pakistan großes Interesse.

Deutlich machte Obama, dass die USA von den Nato-Verbündeten nicht nur die Bereitstellung von Truppen, sondern vor allem Ressourcen für den zivilen Wiederaufbau und das Training von afghanischen Polizisten und Soldaten erwarten. Genaueres würden die USA nächsten Monat auf der Afghanistan-Geberkonferenz in Tokio nennen. Unerwähnt ließ Obama, wie lange sich die USA in Afghanistan engagieren wollen, machte aber klar, dass die afghanische Regierung bis 2011 die Kontrolle über ihr Land zurückerlangen sollte.

Hier die wichtigsten Punkte von Obamas Afghanistanstrategie:

Militär: Obama hat bereits im Februar 17.000 weitere US-Soldaten an den Hindukusch entsandt, nun kommen weitere 4.000 Ausbilder für das Training afghanischer Soldaten hinzu. Bis 2011 wollen die USA 82.000 afghanische Polizisten ausgebildet wissen.

Internationale Zusammenarbeit: Obama will regelmäßige Treffen von Vertretern Afghanistans, Pakistans und der USA sowie die Einrichtung einer Kontaktgruppe, der Russland, China, Indien sowie zentralasiatische und arabische Staaten angehören sollen.

Prüfsteine: Obama möchte die Fortschritt messen können. Deshalb legen die USA erstmals "Benchmarks", also Prüfsteine, fest, zu denen sich die Bush-Regierung im Irak nie durchringen konnte. "Wenn unsere Strategie nicht funktioniert, halten wir auch nicht daran fest", sagte Obama.

Finanzhilfe und Rechenschaftspflicht: In seiner Rede bat Obama den Kongress, in den nächsten fünf Jahren 1,5 Milliarden US-Dollar für zivile Projekte in Pakistan zu bewilligen. Um die Verwendung dieser Gelder zu kontrollieren will Obama Rechenschaftspflichten einführen und Prüfer entsenden.

Zivilgesellschaft: Obama nennt es civic engagement, gemeint ist eine entschiedene Aufstockung der zivilen Kapazitäten. Afghanistan benötige mehr Experten in Sachen Rechtsstaat und Justizsystem, außerdem mehr Polizeitrainer, Landwirtschaftsexperten, Veterinäre und Wasserbauingenieure.

AUSLÄNDISCHE TRUPPEN

Die derzeit etwa 70.000 in Afghanistan stationierten ausländischen Soldaten setzen sich wie folgt zusammen:

USA 38.000

Großbritannien 8.300

Deutschland 3.800

Kanada 2.830

Frankreich 2.780

Italien 2.350

Niederlande 1.770

Polen 1.590

Australien 1.090

Rumänien 900

Spanien 780

Dänemark 700

Türkei 690

Tschechien 580

Andere Staaten 4.140

QUELLE: REUTERS

Pakistan: Obama spricht von "zwei Staaten, aber einer Herausforderung", betrachtet Pakistan also als Teil seiner Afghanistanstrategie.

Sowohl die pakistanische Regierung als auch die EU-Außenminister begrüßten Obamas Rede. Pakistan sei willens, "eine aktive und konstruktive Rolle zu spielen, weil wir der Ansicht sind, dass unser Frieden und unsere Sicherheit von der Lage in Afghanistan abhängig ist", sagte der pakistanische Außenminister Shah Mehmood Qureshi. Die neue US-Strategie habe sich "den europäischen Vorstellungen sehr angenähert", meinte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier bei einem Treffen im böhmischen Hluboká. Priorität habe der zivile Wiederaufbau. "Aber natürlich wird weiterhin eine Bekämpfung der Kräfte nötig sein, die Instabilität und Gewalt über dieses Land bringen." Deutschland und Europa würden aber keine zusätzlichen Soldaten für Afghanistan "abgefordert".

Auch die Taliban scheinen eine neue Strategie zu entwickeln. Laut einem Bericht der New York Times haben die Taliban in Afghanistan und in Pakistan erstmals eine gemeinsame Offensive gegen die US-Truppen verabredet. Taliban-Führer auf beiden Seiten der Grenze hätten beschlossen, ihre Differenzen beizulegen und ihren Feinden "ein sehr blutiges Jahr" zu bereiten.

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9 Kommentare

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  • D
    Domas

    Die TAZ sollte es unterlassen, Kommentare zu kommentieren, wenn dem nichts hinzuzufügen ist.

     

    Einfach grausam dieses Widergekaue.

    Kriegsrethorik muss so kommentiert werden und wer unkritisch in das gleiche Horn bläst belastet sein Gewissen mit gutem Gewissen, denn er macht sich mitschuldig und Tyler Durden ist nichts hinzuzufügen.

  • TD
    Tyler Durden

    Nein, Yellow. Das tun sie nicht!

    Denn wenn sie ein Interesse an "Lernen" hätten, dann wüssten sie längst, dass sogar die Mehrheit der Deustchen fordert ALLE ausländischen Soldaten sollen sofort dieses Land verlassen, anstatt alles mit jedem Tag nur noch mehr zuverschlimmern.

    Es ist deren Land! Es hat eine mittelalterliche Kultur und einen geradezu absurder Mangel an Zivilisation. Beides sind Entwicklungen die NUR von innen kommen und nicht per imperialistischem Grössenwahn von aussen mit Kanonen aufgepfropft werden können.

    Dazu kommt leider noch, wie in vielen anderen Ländern auch, die einzige Religion, der man eine noch grössere kapazität zur Volksverdummung wie dem Katholizismus, nicht absprechen kann.

     

    es wird lang dauern, falls sich überhaupt was ändern wird. Aber keinesfalls durch Armeen...

  • MM
    Mahatma Merkel

    Eine bessere Strategie wäre:

    raus da, ohne wenn und aber.

     

    Natürlich: gerne dürfen Berater, Ausbilder, Juristen, Ingenieure und unzählige Säcke voll Geld den Afghanen/Pakistanis zeigen, dass wir sie nicht alleine lassen. Das muss sogar mit Sicherheit geschehen.

     

    Aber bitte ohnne Besatzungstruppen. Die verschlingen nämlich nur Unsummen an Geld, und bringen doch nichts, da sie den Konflikt durch ihre Präsenz (und durch Kollateralschäden) nur aufrecht erhalten oder sogar weiter anheizen.

     

    Es ist nicht davon auszugehen, dass sich Menschen wie Mudjaheddin oder heute die Taliban militärisch unterdrücken lassen. Da sterben die lieber als Märtyrer. Die einzige Chance liegt hier in echter Demokratie, aber die muss eben vom Volke ausgehen, und kann nicht von oben draufgesetzt werden. Schon garnicht mittels eines gigantischen Militärapparates.

    Hilfe zur Selbsthilfe muss hier das Konzept heißen. Und alles, was nach Besatzung aussieht muss vermieden werden.

     

    Selbst ein gewisser Feldherr namens Alexandros musste irgendwann einsehen, dass er diese Völker nur befrieden kann, indem er sie sich zu Freunden machte.

    Vielleicht sollten Obama, Merkel und all die anderen mal an den Hindukush fahren, um dort Ziegen zu streicheln, das Militär heim zu hohlen, und den Menschen dort endlich glaubhaft zu machen, dass es den Westmächten hier nicht um Besatzung, sondern wirklich nur um Wiederaufbau, Menschenrechte und Demokratisierung geht.

     

    Friede sei mit Ihnen allen.

  • Y
    Yell0w

    Interessant eure Kommentare, aber was konstruktives (also ein besserer Vorschlag, als der von Barack Obama) fällt euch offensichtlich auch nicht ein. Meckern kann jeder!

     

    Ich begrüße den Schritt dahin Pakistan mit in den Prozess einzubeziehen und auch die verschiebung der Prioritäten zum Zivilen aufbau hin.

     

    Für mich auf jeden fall besser als die Strategie von George Bush.

     

    P.S. ich lasse mich auch gerne eines besseren belehren.

  • TD
    Tyler Durden

    Es nicht der erste Artikel dieser Journalistin der mir auffällt und ich pflege nun mal Pfusch als Pfusch zu bezeichnen. Wenn die Taz, so wie der Spiegel, gerne zensieren will, dann bitte...

    Ihre Unterscheidung des Islamismus ist heuchlerisch, schneidet also auch an der anderen Seite des Argumnets die Realität ab. Toleranz ist ja wichtiger als Wahrheit... Monotheistische Religionen tendieren nun mal ALLE zum Fundamentalismus...

     

    Erinnern sie sich noch an die Person des Predigers den Obama zur Inauguration eingeladen hatte? Anscheined wollen sie, und die Taz-Leser? diesen naiven Traum von "Change" noch eine Weile weiterträumen...

  • M
    Minou

    Hier eine nette freundliche Kritik:

     

    Der Artikel liest sich tatsächlich ein wenig

    wie ein Agenturbericht. Das Zitat vom Krebsgeschwür in der Einleitung halte ich auch für überflüssig.

    Überhaupt verführt die ständige Vermengung aller Begrifflichkeiten (Al Qaida,Taliban (gemäßigt oder nicht),Islamisten, Terroristen...)dazu alle

    beteiligten über einen Kamm zu scheren.

    Ein paar kritischere Töne zur 'neuen Strategie'

    von Obama hätte ich der taz schon zugetraut:

    Wo bleibt der Hinweis auf die steigenden KRIEGSKOSTEN (60% Steigerung der derzeitigen monatlichen (!) Ausgaben von 2 Milliarden $)?

     

    Warum lese ich nichts über das 'Krebsgeschwür'

    pakistanischer Geheimdienst (ISI) und seine

    Unterstützung für die Taliban ?

     

    Warum wird Obamas 9/11/Terror Alert Rhetorik,

    die nach Bush light klingt, nicht erwähnt ?

     

    'Er kann auch Krieg' ist sicher eine humorig

    gemeinte Anspielung auf Obamas Wahlkampfplattitüde.Die Menschen in Afghanistan

    werden nicht darüber schmunzeln.

     

    Obama sagt an einer Stelle seiner Rede:"Afghanistan has an elected government, but it is undermined by corruption and has difficulty delivering basic services to its people."

     

    Wer im Glashaus sitzt......

     

     

    Freundlich genug ?

  • C
    Civilbombing

    Mit militärischen Mitteln ist dieser Konflikt nicht zu gewinnen. Und wer Bomben auf Zivilisten abwirft macht sich dort sicher keine Freunde. Das die Bundeswehr mit ihren Aufklärungs-Tornados dafür die Zielkoordinaten liefert ist unerträglich. Pakistan hat von Beginn an eine nicht unerhebliche Rolle in diesem Konflikt gespielt, daher dürfte auch dort die Lösung liegen.

  • TD
    Tyler Durden

    Hi, hi, immer wieder ganz lustig früh morgens Artikel von ADRIENNE WOLTERSDORF zu lesen.

    Von der real existierenden Welt nicht allzu viel Ahnung. Aber wahrscheinlich reicht es ja auch bei der TAZ, wie bei allen anderen Zeitungen in Germoney wenn man das schreibt, was die Zahl-Kundschaft lesen will?

     

    Der Islamismus ist also ein Krebsgeschwür? Da wird sich Herr Obama beim pakistanischen Volk aber beliebt machen, wenn er DIESES als ein Krebsgeschwür bezeichnet. Es ist nämlich ein islamisches Land, und die sind leider tatsächlich so dort Was übrigens auch ADRIENNE WOLTERSDORF ganz schnell herausgefunden hätte, wenn sie mal hingefahren wäre, anstatt nur immer Agenturberichte für die TAZ umzuschreiben.

    Mir schien da doch eher der christliche Fundamentalismus der USA acht Jahre lang ein Krebsgeschwür zu sein.... hat Mr wohl vergessen zu erwähnen, vor lauter Change.

    Nun, ich wünsche allen Menschen, insbesondere den Soldaten die jetzt auch zum Hindukusch dürfen um unsere Freiheit dort zu verteidigen, viel Spass! MfG, Tyler Durden

     

    ***Anmerkung der Redaktion: Es hilft manchmal, seine Kritik nett zu formulieren - und unseren Korrespondenten und Autoren keinen Pfusch zu unterstellen.

     

    Abgesehen davon, gibt es einen Unterschied zwischen dem "Islam" als Glauben und möglicherweise auch in dem ein oder anderen Land als Staatsreligion - und dem "Islamismus", eine mehr oder weniger totalitäre politische Ideologie, die alles aus dem Islam herleitet und alle anderen Quellen und Einflüsse ablehnt.

  • V
    vic

    Dass dieser Wahnsinn auf Pakistan ausgedehnt wird, war nicht schwer zu erraten.

    Dieser Mann hat nichts kapiert.