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Obamas NobelpreisredeKrieg für den Frieden

US-Präsident Barack Obama hat in Oslo den Friedensnobelpreis erhalten. In seiner Preisrede gab er sich bescheiden, verteidigte den Einsatz militärischer Gewalt und sprach viel über den Krieg.

Friedensnobelpreisträger Barack Obama. Bild: reuters

STOCKHOLM taz | US-Präsident Barack Obama hat am Donnerstag "in Dankbarkeit und tiefer Demut" den Friedensnobelpreis entgegengenommen und zugleich seine Entscheidung für die Entsendung weiterer Soldaten nach Afghanistan verteidigt. Es gebe zweifellos Würdigere als ihn für die Auszeichnung, erklärte er bei der Preisverleihung in Oslo. Andererseits müssten die Menschen die "harte Wahrheit" akzeptieren, dass Gewalt nicht ausgelöscht werden könne und Kriege manchmal notwendig und gerechtfertigt seien.

Die Termine waren dicht gedrängt an diesem Donnerstag, an dem der diesjährige Friedensnobelpreisträger nach Oslo gekommen war, um seinen Preis abzuholen. Kurz nach acht Uhr war die Air Force One gelandet. Es folgte ein kurzes Zusammentreffen mit den Mitgliedern des Preiskomitees, das die auch in Norwegen umstrittene Entscheidung - nur ein Drittel der NorwegerInnen halten den Preis an Obama für gerechtfertigt - getroffen hatte. Und nach der Begrüßung im Rathaus durften bei der anschließenden Pressekonfernz nur zwei Fragen gestellt werden, und der Präsident betonte, es gebe sicher würdigere Preisträger. Doch es gehe ja "nicht darum, einen Popularitätswettbewerb zu gewinnen", und er hoffe auch, die Kritik werde nachlassen, wenn er die Ziele erreichen könne, die wichtig für die USA und wichtig für die Sicherung des Friedens auf der Welt seien: "Gegen die Weiterverbreitung von Atomwaffen kämpfen. Die Klimaveränderung bekämpfen. Stabilität in Afghanistan schaffen und den Terrorismus bekämpfen." Auf die direkte Frage, ob er denn das Datum für den Abzug der US-Soldaten aus Afghanistan bestätigen könne, antwortete er: "Im Juli 2011 können wir beginnen, die Verantwortung auf das afghanische Volk zu übertragen."

Das Thema Afghanistan griff Obama auch bei der Preiszeremonie in seiner Dankesrede auf. Die Menschen müssten akzeptieren, dass Staaten manchmal Kriege führen müssten, um ihre Bürger vor Terror oder feindlichen Regimen zu schützen. Kriege seien nie eine "glorreiche Angelegenheit", sondern eine bedauerliche Notwendigkeit: "Eine gewaltfreie Bewegung hätte Hitlers Armeen nicht stoppen können. Verhandlungen können die Al-Qaida-Führer nicht dazu bringen, ihre Waffen niederzulegen."

Obama über Krieg und Frieden

"Krieg, in der einen oder anderen Form, gibt es seit Beginn der Menschheit."

"Ich habe heute keine endgültige Lösung für das Problem Krieg dabei."

"Eine gewaltlose Bewegung hätte Hitlers Armeen nicht gestoppt und Verhandlungen werden die Anführer von El-Kaida nicht überzeugen, die Waffen niederzulegen."

"Amerika wird niemals in seiner Verpflichtung zur Wahrung der globaben Sicherheit wanken. In einer Welt, in der die Bedrohungen unschärfer und die Einsätze komplexer werden, kann Amerika nicht alleine handeln."

"Der Glauben, dass Frieden wünschenswert ist, reicht kaum, um ihn zu erreichen. Frieden erfordert Verantwortung. Frieden erfordert Opfer."

In seiner Würdigung des Preisträgers versuchte Thorbjørn Jagland, Vorsitzender des Nobelpreiskomitees, die Entscheidung noch einmal zu begründen. Er griff dazu den Obama-Satz auf, der Preis sei wohl als Appell gemeint: "Präsident Obama hat das Nobelkomitee ganz perfekt verstanden."

Für Donnerstagabend war vor Beginn des Festbanketts auch eine Protestdemonstration angemeldet. Das Motto: "You won it, now earn it!" Die Initiatoren rechneten mit 5.000 TeilnehmerInnen. Für den 26-stündigen Besuch des Präsidentenpaars hatte die Polizei mit 2.000 Beamten zum größten Einsatz in der norwegischen Geschichte mobilisiert.

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19 Kommentare

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  • A
    Avalord

    Zurückhaltender Artikel über eine dreiste Rede.

    "Amerika ist nie gegen eine Demokratie in den Krieg gezogen". Ich denke mal an Chile und Allende und dass das schon in diesem Punkt gerade mal eine Halbwahrheit ist. Überhaupt diese ganze Glorifizierung wenn schon nicht des Krieges, auf jeden Fall aber des amerikanischen Soldaten! Übel auch, dass ich im Internet ewig nach dem vollen Wortlaut (gerade auch mit diesen Sätzen!) suchen mußte. In Deutschland wurde ich nicht fündig, nur auf englisch. Vor Bush hätte mich der Mist, den Obama da abgegeben hat vielleicht noch eingeseift, aber man lernt ja dazu. Das anläßlich der Verleihung des Friedensnobelpreises, da bleibt einem endgültig die Spucke weg.

  • W
    wolfgm

    Na' ja ist der Friedens-Nobel-Preis jetzt auch zu einer Art Klo-Papier verkommen .Nichts mehr wert!

    Wie alle diese Werte immer rasanter den Bach hinunter gehen.Eine traurige Welt,eine Welt der Gierigen,Mörder,der Gefolterten und Betrüger.

    mfg wolfgm

  • F
    friedvolte

    Es ist unmöglich Frieden durch Krieg herbeizuführen.

    Obama der Wolf im Schafspelz, ihm einen Preis zuverleihen, welcher an Lächerlichkeit seit lagem kaum zu überbieten ist und einzig und allein Mahatma Gandhi zugestanden hätte, legt den Wahnsinn einmal mehr offen. Nur die Starken können der Gewalt ein Ende bereiten, indem sie den Krieg ächten statt mordend über die Schwächsten herzufallen.

  • M
    mir

    "...müssten die Menschen die "harte Wahrheit" akzeptieren, dass Gewalt nicht ausgelöscht werden könne und Kriege manchmal notwendig und gerechtfertigt seien." Zitat Ende.

    Wer so spricht und denkt, hat den Friedensnobelpreis nicht verdient.

     

    Andererseits halte ich seine Rede immerhin für ehrlich. Was hätte Obama denn tun sollen als man ihmn den Frioedensnobelpreis angeboten hat? Ablehnen?

  • WJ
    wie jetzt

    Also dafür, dass er Hitler instrumentalisiert um einen Angriffskrieg zu rechtfertigen und bei seiner Ansprache Gewalt verteidigt, hat der Bush George den Friedensnobelpreis echt verdient.

  • F
    Flux

    Damit wurde der Friedensnobelpreis enorm entwertet.

    Wenigstens wurde uns der amerikanische Primitivismus durch Obamas deplazierte Rede ein weiteres Mal vorgeführt. Soll also dieses mal niemand behaupten er hätte von nichts gewußt.

  • V
    vic

    Der geschändete Nobelpreis.

    Entwertet für künftige friedensbemühte Menschen.

    Ein Preis, der neuerdings an Schönredner geht, ein Preis für Worte.

    Es wäre ein gutes Zeichen, die bisherigen Preisträger würden den Ihren nun zurücksenden.

    Er ist wertlos geworden.

  • DS
    Dyke Spura

    Seit wann liegt es uns fern Initiative mit großen Erwartungen zu belohnen? Im Fall einer Obama Niederlage in Sache ‚Weltfriede‘ wird die Enttäuschung größer je mehr Hoffnung an Ihn gerichtet wurde. Sogar ehemalige Preisträger die ‚vollbrachte‘ Friedensarbeit vorweisen konnten haben ihren Lob nicht erfüllt. Natürlich weist diese Form von Anerkennung eine ‚neue‘ oder ‚andere‘ Richtung vor. Der Druck ist jedoch nicht nur auf der Seite Obama sondern auch auf der seiner Kontrahenten und Mitspielern. Genau das bewirkt diese frühe Verleihung des Preises. Also: abwarten!

  • L
    LotteMaid

    Ist das alles armselig. Sowas wie diese Kriegsrechtfertigungsrede Obamas wird von den versammelten sogen Honoratioren auch noch bejubelt. Welch geistige Armut. Ach ja, muß man nun eigentlich Krieg führen und Foltergefängnisse wie Guantanamo und Bagram unterhalten (s. taz-Bericht) um den sogenannten ...äh.. naja..ihr wißt schon, diesen Kriegspreis, zu erhalten?

  • D
    Dantheman

    Was seid denn ihr für welche?..

    Obamas Rede war die beste zum Thema Frieden, die ich je gehört habe. Glasklar, sehr realitätsnah, ohne irgendwelches pathetisches "Nie wieder Krieg"-Gefasel. Wäre überall jemand wie Obama an der Macht, gäbe es bald wirklich Frieden, nur ist das leider fast nirgendwo der Fall. Und deshalb wird Krieg auch immer wieder notwendig sein, wie er richtig festgestellt hat.

    Allein diese Rede hätte einen Nobelpreis verdient, schaut sie euch erstmal ganz an, bevor ihr über Halbsätze, wie "Krieg ist notwendig" lamentiert.

  • W
    WaltaKa

    Krieg ist Frieden? Obama beweist, das der Bedeutungswandel in der Sprache hin zum Verdrehsprech vollzogen ist und Orwells 1984 Realität.

    Widerlich.

  • R
    reblek

    Ich habe als 68er noch nie Hoffnung in jemand gesetzt, aber Obama könnte einer sein. Gerade weil er nicht so, sorry, naiv wie Al Gore an die Probleme herangeht, der Clinton offensichtlich schwer überschätzt hat.

  • H
    Hagen

    Und mit einem Mal ist der Friedensnobelpreis rein gar nichts mehr wert.

  • BB
    Bodo Bender

    Es gibt wohl niemandem, dem bei dieser Preisverleihung nicht unwohl wäre. Auch der Ausgezeichnte selbst. Obma hätte sich sehr elegant aus der Affäre retten (und sein Anysehen mehren) können, wenn er den Nobelpreis abgelehnt hätte. Vielleicht verbunden mit der nach Bescheidenheit klingenden Begründung, er fühle sich (noch) nicht würdig genug. Ein großes Vorbild für die Ablehung gibt es: Jean-Paul Sartre lehnte 1964 die Annahme des Literaturnobelpreises ab.

  • M
    mir

    "Eine gewaltlose Bewegung hätte Hitlers Armeen nicht gestoppt und Verhandlungen werden die Anführer von El-Kaida nicht überzeugen, die Waffen niederzulegen."

    Also schön weiterballern und Waffen produzieren.

    Das will er zwar eigentlich nicht tun, der arme Herr Obama, aber er muss. Das Böse in der Welt zwingt ihn halt dazu.

    Das ist kein neuer Standpunkt. Und er ist auch nicht besonders exotisch. Manche mögen ihn für realistisch halten.

    Anyway:

    Den Friedensnobelpreis hat Obama dafür definitiv nicht verdient!

  • A
    AndyG

    @Herbert Pichel: Soll ich Ihnen mal was von den vollbrachten, außergewöhnlichen Taten von Kissinger und Arafat erzählen? Da ist Obama nun doch wirklich ein Lämmchen.

  • HP
    Herbert Pichel

    Hallo,

    ich dachte immer einen Friedensnobelpreis bekommt man für vollbrachte, außergewöhnliche Taten in Bezug auf den Frieden und nicht für vollmundige Absichtserklärungen - so kann man sich irren!

  • L
    Lars

    Er verteidigte bei der Dankesrede für den Friedensnobelpreis den Einsatz von Gewalt? So dreist muß man erstmal sein.

  • E
    eppelein

    Unglaublich. Mit der Rede heute wollte Hillary gewinnen und verlor. er möge doch jetzt bitte zurücktreten und das Amt an Hillary übergeben die den Nobelpreis an Bush jr. übergeben. Danke