Obama gelingt Steuerkompromiss: Reiche weiterhin bevorzugt
Nach dem Senat billigt auch das US-Repräsentantenhaus den Steuerkompromiss: Reiche zahlen auch künftig nicht mehr Steuern, die Hilfen für Langzeitarbeitslose werden verlängert.
WASHINGTON taz | Erleichterung für Millionen Besserverdienende in den USA: Sie brauchen ab Januar nicht mehr Abgaben an den Staat zahlen als jetzt. Aufatmen auch für US-Präsident Barack Obama: Er hat ein umfassendes Steuerpaket auf den Weg gebracht und im Kongress den ersten Deal mit den Republikanern nach der Wahlschlappe im November erreicht.
Mit breiter Mehrheit und gegen 112 Stimmen der Demokraten stimmten die Parlamentarier am Donnerstag kurz vor Mitternacht nach stundenlangem Kräftemessen dafür, die unter George W. Bush vor neun Jahren eingeführten Steuervergünstigungen für Besserverdienende bestehen zu lassen. Obama hatte darauf gedrängt, das 858-Milliarden-Steuerpaket vor Jahresende durchzubringen, um seine Landsleute vor Steuererhöhungen zu bewahren. Allerdings hatte sich Obama das ursprünglich anders vorgestellt: Spitzenverdiener mit einem Einkommen über 250.000 Dollar im Jahr sollten ab Januar mehr an den Fiskus zahlen.
Damit kamen die Demokraten jedoch nicht bei den Konservativen durch. Steuererleichterungen für alle oder keinen, hieß deren Kurs. Andernfalls hätten sie das Paket blockiert. Und gleichzeitig alle Gesetzesvorhaben der Demokraten, einschließlich der Ratifizierung des Abkommens zur atomaren Abrüstung (START). Obama warf den Republikanern vor, die gesamte Bevölkerung im Steuerstreit als Geisel genommen zu haben.
Die Reichensteuer hat zunächst um weitere zwei Jahre Bestand. Nach der nächsten Präsidentschaftswahl werden die Karten dann neu gemischt. Auch bei der Erbschaftsteuer kommen die Reichen in den USA in Zukunft glimpflich davon. Dafür rang Obama den Konservativen ab, finanzielle Hilfen für rund zwei Millionen Langzeitarbeitslose zu verlängern. Außerdem beinhaltet das Gesetz zahlreiche Anreize für Investitionen auf dem Wirtschaftsmarkt. Das Paket, das tags zuvor den Senat passiert hatte, wurde mit 277 zu 148 Stimmen angenommen. Bereits am Freitag wollte Obama es im Weißen Haus unterschreiben.
"Der US-Präsident und ich glauben, dass dieses Gesetz einen positiven Einfluss auf die Wirtschaft haben wird", erklärte der noch amtierende Mehrheitsführer des Parlaments, der Demokrat Steny Hoyer. Viele Demokraten, gerade vom linken Flügel, sehen das anders. Sie monieren nicht nur die Vorzugsstellung der Reichen, sondern vor allem, dass die breiten Steuererleichterungen das Haushaltsdefizit zusätzlich vergrößern. Derzeit fehlen den USA in ihrem Budget umgerechnet fast zehn Billionen Euro.
Doch Finanzminister Timothy Geithner kontert: "Wir waren dafür verantwortlich, Mittelschichtsfamilien vor Steuererhöhungen zu bewahren, die ihre Löhne beschnitten und die Erholung der Wirtschaft behindert hätten", sagte er. "Zwar stimmen wir dem Gesetz nicht in allen Punkten zu, doch es ist gut für Wachstum und Jobs, für Arbeiter- und Mittelschichtsfamilien, und es ist gut für Firmen, die investieren und Arbeitsplätze schaffen wollen."
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