Obama-Regierung sucht Dialog: Mit den Taliban gegen Al-Qaida

Acht Jahre nach Beginn des Afghanistankriegs scheint US-Präsident Obama eine neue Strategie zu verfolgen. Anstatt die Taliban zu verfolgen, sollen sie mit in die Regierung.

Auf dem Weg in eine neue afghanische Zukunft? Barack Obama hat sich Bedenkzeit erbeten. Bild: ap

WASHINGTON taz | US-Präsident Barack Obama will offenbar akzeptieren, dass gemäßigte Taliban künftig in der afghanischen Politik eine Rolle spielen. Obama wolle den Fokus am Hindukusch auf das Terrornetzwerk Al-Qaida richten und weg von den Aufständischen, zitierte die Nachrichtenagentur AP am Donnerstag einen Regierungsmitarbeiter.

Er hatte sich am Rande der Beratungsgespräche über eine mögliche Truppenaufstockung für Afghanistan geäußert, die Obama derzeit nahezu täglich mit Experten, Politikern und Militärs im Weißen Haus führt. Die US-Regierung werde zwar "nicht die Rückkehr der Taliban an die Macht" tolerieren, sagte der Politiker, der anonym bleiben wollte. Doch sie müsse sich der Realität beugen, dass die Taliban Teil der afghanischen Kultur seien. Dies könne bedeuten, dass Vertreter der Islamisten-Bewegung sich an der Zentralregierung beteiligen, sofern sie der Gewalt abschwören. Es könne auch bedeuten, dass bestimmte Regionen des Landes von den Taliban regiert würden.

Der Dialog mit moderaten Taliban ist Teil der Afghanistan-Strategie, die der US-Präsident im März verkündetete. Sie beinhaltet unter anderem, dass mehr Wert auf den Schutz von Zivilisten als auf die Jagd auf die Aufständischen gelegt wird. Mit dem weiteren Händereichen würde Obama nun auf die Linie seines Vize-Präsidenten Joe Biden einschwenken. Er plädiert seit langem dafür, dass sich die amerikanischen Soldaten statt auf die Taliban besser auf den Kampf gegen Al-Qaida-Terroristen konzentrieren, vor allem im Grenzgebiet zu Pakistan. Er möchte den Kern der US-Operation nach Pakistan verlegen und den Kampf von dort mit Spezialkräften und Drohnen fortsetzen. Folglich ist Biden auch gegen die Aufstockung der US-Präsenz um weitere 40.000 Truppen, wie sie der ISAF-Kommandeur Stanley McChrystal fordert.

Obama hat als oberster Armeechef angekündigt, sich Zeit mit seiner Entscheidung und sich ausgiebig über die Lage in Afghanistan beraten zu lassen. Am Donnerstag konferierte er darüber mit Biden und Außenministerin Hillary Clinton. Sein Urteil zur Truppenverstärkung wird frühestens in zwei Wochen erwartet. Beobachter deuten Obamas kolportiertes Zugeständnis an die Aufständischen jedoch eher als Ablehnung einer Truppenerhöhung.

Ein zentraler Punkt ist, wie eng die Taliban mit Al Qaida verzahnt sind. Außenministerin Clinton und Verteidigungsminister Robert Gates haben stets davor gewarnt, dass die Terrorgruppe wieder erstarken könnte, wenn die Taliban weite Teile des Landes kontrollierten.

Doch offenbar ist das Obama-Team inzwischen anderer Meinung. Die Mehrheit der Taliban habe nichts mit Al Qaida zu schaffen, hieß es jetzt. Obamas Sicherheitsberater Jim Jones meinte unlängst, die Präsenz der Terrorgruppe Osama bin Ladens in Afghanistan sei geschwunden. Die Zahl ihrer Kämpfer betrage keine hundert Mann.

Am Mittwoch, dem achten Jahrestag des Afghanistan-Kriegs, jedenfalls kursierte ein Statement der Taliban auf verschiedenen Internetseiten. Danach distanzieren sich die Auftständischen von Al Qaida. "Wir hatten niemals auf der Agenda, andere Staaten zu verletzen, noch haben wir es heute." In der Erklärung heißt es, den Taliban gehe es lediglich um ein islamisches Afghanistan ohne fremde Truppen. Experten in den USA rätseln nun darüber, ob es sich um einen Sinneswandel oder um einen Schachzug handelt.

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