: Oasis – find ich gut!
■ Vom Fan für Fans: Christian Seidls Rockjungenreport „What's that story“ wartet mit hübschen Geschichten aus der Gründerzeit des Britpop auf
Oasis ist die beste Band der Welt. Wirklich? Während der Lektüre von Christian Seidls Band- Biographie hat man 94 schnell lesbare Seiten lang Zeit, darüber nachzudenken, was wohl blöder ist: so etwas zu behaupten oder diese Behauptung in Frage zu stellen.
Natürlich geht es im Rock spätestens seit „King“ Elvis andauernd um selbsternannten Größenwahn. Und um Fans, die diesen Größenwahn wahr werden lassen können – oder auch nicht. Das Sympathische an dem Oasis-Buch von Seidl ist dann auch die Offenheit, mit der der Autor, im wirklichen Leben Redakteur von Jetzt, dem Jugendmagazin der Süddeutschen Zeitung, sich als Fan bekennt und somit konsequenterweise auch für Fans schreibt. Und denen liefert Seidl einen im Grunde etwas ausführlicheren und gut recherchierten Artikel über die vielleicht noch ein wenig junge Bandgeschichte der Britpoper.
Man erfährt ein paar nette Geschichtchen über die Coolness der Jungs, beispielsweise, daß der Eintrittspreis zum ersten Oasis-Konzert bereits über vierzig (!) Pfund betragen haben soll, oder daß sie sich als Manchester-City-Fans weigerten, mit dem Chef ihrer späteren Plattenfirma zu verhandeln, da der zum ersten Treffen das Trikot des Lokalrivalen Manchester United getragen hatte.
In den Bereich fußballerischen Fangebarens gehören allerdings auch Seidls Seitenhiebe gegen die US-Grunge-Szene: Klar, die Verbundenheit zum eigenen Team muß sich immer erst darin beweisen, die anderen Konkurrenten so richtig runterzumachen. Und okay, es ist unmöglich, St. Pauli und Bayern „gut zu finden“, aber muß das auch für Pearl Jam und Oasis gelten, fragt sich der Leser vielleicht eine Spur zu ängstlich und verunsichert.
Und nur weil man sich bei der Europameisterschaft aus der Not geboren für, sagen wir mal, Dieter Eilts begeisterte, muß man im metaphorischen Umkehrschluß noch lange nicht finden, daß die Gallaghers „gut“ aussehen (wer räumt eigentlich endlich mal mit dieser Geschmacksverirrung auf?).
Der Mund wird also ziemlich voll genommen, und da muß man schon mal aufpassen, daß es nicht eins drauf gibt von den Jungs aus der „I hate myself and want to die“-Fraktion oder anderen zwangsläufig parteiischen Fankurven. Die beiden Gallaghers immerhin scheinen auf eventuelle Handgreiflichkeiten vorbereitet zu sein, indem sie derzeit eifrig bandintern trainieren.
Ist Oasis nun also die beste Band der Welt? Zugegeben, da gibt es zwei, drei Songs, gegen die man sich einfach nicht wehren kann, darunter natürlich das auch durch noch soviel Playlist-Gedudel nicht totzukriegende „Wonderwall“. Aber vielleicht sollte die beste Band der Welt doch ein bißchen mehr sein als ein cleveres Beatles-Remake ... Andreas Merkel
Christian Seidl: „What's that story“. Goldmann Taschenbuch, 95 Seiten, 10 DM
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