OB AUSGLEICHS- ODER GENERATIONENFAKTOR: DAS RENTENNIVEAU SINKT: Die Rentenreform ist sicher
Klar, dass man als Partei oder Fraktion nicht einfach so einer politischen Maßnahme zustimmen kann. Es geht ja nicht um Kampfhunde, wo die Politik überraschend schnell zu handfesten Beschlüssen kam. Die Rente aber ist kein Thema, bei dem sich Sympathien gewinnen lassen. Im Gegenteil: Renten zu reformieren und gleichzeitig Wählerstimmen einzufangen, das hat sich in der Vergangenheit gegenseitig ausgeschlossen. Deswegen wird auch jetzt noch ein bisschen hin und her gerangelt: Die Gewerkschaften wollen mehr aus den Arbeitgebern herausschlagen, und die CDU/CSU will noch etwas mehr für große Familien. Eigenartig, dass immer jene die besseren, die sozialeren Politiker sind, die gerade keine Regierungsverantwortung tragen.
Dabei wissen selbstverständlich sowohl die Unionsfraktion als auch die Gewerkschaften, dass es keine Alternative gibt zum riesterschen Rentenkonzept, es sei denn, die Politik entscheidet sich in Deutschland wieder für eine radikalere Umverteilung – dann wären auch Mindestrente, höhere Arbeitgeberbeiträge und noch höhere Kinderzuschläge für die Privatvorsorge möglich. Aber weder wird sich die CDU zu einer linksradikalen Partei entwickeln, noch werden die Gewerkschaften landesweit mobilisieren, um ihre Forderungen durchzusetzen. Am Ende, so lässt sich schon jetzt absehen, steht das neue Rentenkonzept: Jeder Jahrgang, der in Rente geht, wird damit ein etwas geringeres Rentenniveau haben als der vorherige Jahrgang.
Ob diese Absenkung nun „Ausgleichsfaktor“ à la Riester oder „Generationenfaktor“ à la CDU genannt wird: Das Ergebnis ist das gleiche. Das Standardrentenniveau sinkt in 30 Jahren von heute 70 auf 64 Prozentpunkte des Nettolohns, nach der jetzt anstehenden Rentenreform wohlgemerkt, von der jeder vernünftig denkende Mensch ohnehin erwartet, dass sie bis zum Jahre 2030 noch mehrmals verändert wird.
Mit der Rentenreform wird zum ersten Mal die steigende Lebenserwartung in der Rentenberechnung berücksichtigt. Alle drei Jahre steigt die durchschnittliche Lebenserwartung um ein Jahr, das Absenken des Rentenniveaus ist also durchaus demographisch zu rechtfertigen. Entscheidend bei der Reform ist aber etwas anderes: Wenn die gesetzlichen Renten sinken, werden sich die sozialen Unterschiede beim Arbeitseinkommen, im Vermögen und bei den Erbschaften stärker bemerkbar machen. Hinter den gekürzten gesetzlichen Renten zeichnen sich die privaten materiellen Ungleichheiten stärker ab. Und genau das ist das Problem der Zukunft. BARBARA DRIBBUSCH
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen