Nußbaum kritisiert neues Charité-Bettenhaus: Mediziner verarzten Senator
Die Unimedizin verteidigt ihren Plan, ein neues Bettenhaus zu bauen, und wehrt sich damit gegen Kritik des Finanzsenators. Alle Standorte der Charité sollen bleiben.
Was ist ein Gesamtkonzept? Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) und der Charité-Vorstand haben da sehr unterschiedliche Auffassungen. Denn Nußbaum verlangte am Dienstag von den Universitätskliniken ebensolch ein Konzept - das die Charité längst zu haben glaubt. Da verwunderte es nicht, dass ihr Vorstandschef Karl Max Einhäupl am Donnerstag meinte: "Wir waren etwas irritiert."
Die Unimedizin mit ihren drei Standorten in Mitte, Wedding und Steglitz war in den vergangenen Tagen unter Druck geraten. Zwar hatte ihr Aufsichtsrat den gewünschten Neubau des Bettenhochhauses in Mitte gebilligt, Senator Nußbaum aber will das nötige Geld nicht rausrücken. Bis zum Frühherbst hat er der Charité Zeit gegeben, ein Konzept zu präsentieren. Gleich mit vier Spitzenvertretern versuchte die Charité, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz zu kontern und Verständnis für ihre Forderungen zu wecken.
Folgt man ihrer Argumentation, ist der Neubau in Mitte genauso notwendig wie Investitionen in das Benjamin-Franklin-Klinikum in Steglitz. An allen Standorten regne es durchs Dach, sagte Einhäupl. Im Bettenhochhaus sei jüngst sogar auf zehn Stockwerken der Strom ausgefallen, als durchsickernder Regen einen Schaltkasten zum Explodieren gebracht haben soll.
Die Finanzverwaltung ließ sich auch von solchen Schilderungen nicht beeindrucken. "Das ist kein Gesamtkonzept, das ist eine Liste von Investitionen, die eine halbe Milliarde Euro ausmachen - und die haben wir nicht", sagte Nußbaum-Sprecher Clemens Teschendorf, der die Pressekonferenz verfolgte. Dabei sei es nicht so, dass sich die Finanzverwaltung dringend nötigen Reparaturen verweigere - "die Charité hat ja einen Etat für den Unterhalt".
Zweiter großer Streitpunkt ist die zukünftige Kliniklandschaft im Südwesten Berlins. Neben dem Charité-Standort in Steglitz betreibt dort auch der gleichfalls landeseigene Konzern Vivantes zwei Krankenhäuser, das Auguste-Viktoria- und das Wenckebach-Klinikum in Schöneberg und Tempelhof. Von angeblich zu vielen Betten in der Region ist die Rede. Die Charité widerspricht dem: Die zusammen rund 2.000 Betten würden dem lokalen Versorgungsbedarf entsprechen. Einhäupl lehnte es ab, dass der Senat es auf Charité und Vivantes abschiebe, die Sache zu klären. Das müsse die Politik entscheiden. "Es kann doch nicht sein, dass Herr Bovelet [der Vivantes-Chef; d. Red.] und ich uns bei einem Bier darüber unterhalten, was geschlossen wird", sagte Einhäupl.
Der Vorstandschef wandte sich generell gegen Überlegungen, einen seiner drei Charité-Standorte aufzugeben: "Wir wollen an allen drei festhalten." Nur so seien Vorteile für die Wissenschaft im internationalen Wettbewerb gewährleistet. Aus seinen Worten wie denen seiner Vorstandskollegen klang immer wieder generelles Unverständnis für den Umgang mit den Unikliniken. Schließlich lautet Einhäupls Urteil über sein Haus: "Die Charité ist ein Juwel für Berlin."
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