Nur wenige profitieren: Bonus für gutverdienende Fernpendler
Wer wie stark von der Wiedereinführung der alten Entfernungspauschale profitieren würde, ist umstritten.
BERLIN taz Während der politische Nutzen der Entfernungspauschale für Wahlkämpfe als Tatsache gelten darf, ist die finanzielle Relevanz der Regelung für normale Arbeitnehmer umstritten. Das Finanzministerium argumentiert, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer, nämlich 16 von 26 Millionen, von einer Rückkehr zur alten Regelung überhaupt nicht betroffen wäre.
Grund ist der Arbeitnehmerpauschbetrag von 920 Euro, den jeder Arbeitnehmer ohne Nachweis von der Steuer absetzen darf. Diese Summe entspricht dem, was für eine Pendelstrecke von 14 Kilometern abgesetzt werden darf - und so weit hat es die Mehrheit der Deutschen ohnehin nicht zur Arbeit. Laut dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2004 pendeln 52 Prozent weniger als 10 Kilometer; nur bei 5 Prozent ist die Strecke weiter als 50 Kilometer.
Lohnsteuervereine halten eine direkte Umrechnung des Pauschbetrags auf die Fahrtkosten allerdings für unseriös. Denn zu den Werbungskosten zählen auch andere Ausgaben wie etwa Fachliteratur, Arbeitskleidung oder Gewerkschaftsbeiträge. Eine genaue Aufschlüsselung ist nur bei denjenigen möglich, deren Ausgaben den Pauschbetrag übersteigen. Nach Angaben von Christopher Gräb, der beim Statistischen Bundesamt die Einkommenssteuerstatistiken betreut, machten Fahrtkosten hier im Jahr 2004 mit einer Summe von 20 Milliarden Euro den größten Teil der Werbungskosten von insgesamt 35 Milliarden Euro aus.
Von einer Änderung profitieren würden in jedem Fall vor allem Menschen, die einen weiten Weg zur Arbeit haben. Wie groß die Steuerersparnis aber ist, wenn künftig auch die ersten 20 Kilometer der Strecke wieder abgesetzt werden könnten, hängt neben den sonstigen Werbungskosten vor allem vom individuellen Steuersatz und damit vom Einkommen ab. Wer den Spitzensteuersatz von 42 Prozent zahlt und seinen Pauschbetrag mit anderen Ausgaben voll ausschöpft, spart 550 Euro im Jahr. Wer hingegen über ein Haushaltseinkommen von 25.000 Euro verfügt und neben den Fahrtkosten keine weiteren Werbungskosten hat, würde auch bei weiten Arbeitswegen nur rund 120 Euro im Jahr sparen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten