Nur so kann er funktionieren, der „Transformismus“

■ Unter neuem Etikett sitzen die alten Kader wieder an den Schalthebeln der Macht

„Alles muß sich ändern, damit alles so bleibt, wie es ist“ – auf diese einfache Formel hat Tomasi di Lampedusa in seinem Weltbestseller „Der Leopard“ Italiens „ewigen Transformismus“ auf einen einfachen Nenner gebracht, und die derzeitige Entwicklung ist wieder einmal ein Musterbeispiel.

Da erhebt sich ein ganzes Volk gegen seine Allgewaltigen und vertreibt sie nach vier Jahrzehnten Herrschaft mit Hilfe mutiger Staatsanwälte von den Schalthebeln der Macht – um dann erkennen zu müssen, daß sie durchs Hintertürchen längst wieder mit am Kabinettstisch sitzen und sich über angeblich sauber gebliebene Minister wie den angesehenen Anwalt Alfredo Biondi Schutz vor Strafverfolgung maßschneidern lassen.

Da gewinnt Silvio Berlusconi die Wahl mit dem Versprechen, der Parteienherrschaft endlich ein Ende zu machen – um anschließend einen im Kabinett ausgebrochenen Konflikt nicht in den demokratisch legitimierten Institutionen zu lösen, sondern über ein „Gipfeltreffen“ mit den Vorsitzenden der Koalitionsparteien, ganz so wie in all den Jahren zuvor. Da haben die neuen Minister feierlich geschworen, anders als ihre Vorgänger nicht auf Notstandsgesetze und Eildekrete zurückzugreifen – und dann wird dies bereits wieder der Normalfall. Auch in den Gemeinden und Städten kandidieren, nun meist unter dem Etikett der „Forza Italia“ längst wieder alte Kader, als sei nichts geschehen. Sie haben die „Reinigung“ geduckt überstanden, abgewartet, ob etwas zu ihren Lasten herausgekommen ist, und melden sich nun als angebliche Saubermänner und Reformatoren zurück – um im alten Stil fortzufahren. Und das Volk akzeptiert es. Oder nicht?

Eine Karikatur in der Zeitschrift L'Espresso treibt die Sache auf die Spitze: „Wir Italiener sind ein wunderbares Volk. Da behauptet einer, Ministerpräsident zu sein – und alle tun so, als würden sie es ihm glauben.“ In der Tat, nur so kann er funktionieren, der Transformismus. Werner Raith