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■ GastkommentarNur so im stillen?

Der Mietenspiegel setzt keine Mieten fest, sondern bildet die Realität des Wohnungsmarkts ab. Wenn seine Zahlen die Realität sind, wie kommt es dann, daß vielen die Werte des Mietenspiegels eher niedrig vorkommen? Es scheint, daß wir uns durch die wucherischen Neuvermietungspreise den Blick für das vernebeln lassen, was eigentlich eine normale Miete ist. Wer sich heute auf Wohnungssuche befindet, hat im Altbaubereich mit Angeboten von 14 bis 16 Mark pro Quadratmeter und mehr zu tun. Jede zweite Miete bei den Neuvermietungen im Altbaubereich halten wir für rechtswidrig überhöht. Daß dies eine Ordnungswidrigkeit ist, die mit bis zu 100.000 Mark geahndet werden kann, ist vielen Vermietern nicht einmal bekannt. Das Problem liegt gerade bei kleineren Vermietern darin, daß sie nicht das geringste Unrechtsbewußtsein haben. In Berlin und Frankfurt ist man von Behördenseite energisch darangegangen, dieses zu verändern – in Hamburg hat man anscheinend Angst, Vermietern auch mal auf die Füße zu treten und deutlich zu machen, daß bei einer Neuvermietung der Mietenspiegel zu berücksichtigen ist. Warum kann in Hamburg nicht, wie in Berlin, in der Verbandszeitung der Grundeigentümer eine ganze Anzeigenseite geschaltet werden, auf der die Behörde auf die Strafbarkeit der Mietpreisüberhöhung aufmerksam macht? Warum arbeiten die Bezirksämter bei der Verfolgung von Mietpreisüberhöhungen ganz im stillen, während in Frankfurt das Wohnungsamt regelmäßig mit Erfolgsmeldungen über verhängte Bußgelder an die Presse tritt? Die Veröffentlichung des Mietenspiegels wäre eine gute Gelegenheit für die Baubehörde gewesen, eindringlich die preisbegrenzende Bedeutung des Mietenspiegels deutlich zu machen. Wenn die Mietervereine die Senkung von Mieten erzwingen können, ist das gut – besser ist, wenn es zu den überhöhten Mieten nicht erst kommt.

Jürgen Twisselmann (Mieter helfen Mietern)

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