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Nur Euphorie?

■ Aktionen gegen den Hortplatzmangel

31. Mai 1990. 30 Tage Schulbesetzung mit Kind und Kegel das hat's in Bremen wohl noch nicht gegeben. Aber: wie hält frau das eigentlich aus? Die ersten zwei Wochen waren ausgefüllt mit Euphorie und Energie, da gab's haufenweise Presse-, Fernseh-und Funktermine, kleine Aktionen ohne viel Aufwand, aber jede Menge Spaß und reichlich Wirkung, da verging die Zeit im Fluge. Mittelerweile haben sich die zwangsläufig auftretenden Ermüdungserscheinungen gepaart mit besserer Organisation und sinnvollerer Einteilung der Kräfte. Für diese Kinder lohnt sich der ganze Einsatz, wie anstrengend es auch immer oder zumindest manchmal sein mag; und für sie bleiben wir auch, bis was Vernünftiges erreicht ist. Das würden sie uns nie verzeihen, wenn wir aufstecken, bevor sie ihre Hortplätze sicher haben! Und so kommt denn auch bei so manchem Bewegungsgeschädigten der alte Traum von der gut funktionierenden WG wieder hoch, von der Gemeinschaftsfamilie oder sonst was in der Art: die geteilte Verantwortung aller für alle, besonders aber für die lieben Kleinen; die praktische Seite zu der politischen, die weckt schon manche Sehnsüchte... Man und frau kann sich gut daran gewöhnen, en commune zu leben! Eigentlich eine schöne, hoffnugsvolle Mischung,: gemeinsame Verantwortung, Handlungsbereitschaft, Durchhaltevermögen, (bis jetzt ist noch keine abgesprungen!), Phantasie und dazu eine ordentliche Portion Mißtrauen gegen Behörden jeder Art und ein gutes Stück Staatsverdrossenheit. Die Ablehnung bürokratischer organisationsformen und verwaltungsähnlicher Handlungsmethoden macht uns autonom und stark - und für die herkömmliche Politmaffia schwer eizuordnen. Erreicht haben wir schon eine ganze Menge - frau denke allein an Sabine Uhls 40 Mio.-Projekt. Das aber, befürchten wir, wird den Weg des Count. -down gehen: vier-drei-zwei-eins - futsch. Übrigens steckt unsere Pulverberg-Grundschule auch arg in der Raumklemme, und wenn wir grad schon mal dabei sind...

Regina Willrich

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