: Nur Buhs für Seehofers HIV-Show
■ Kongreß der HIV-Infizierten und Aidskranken: Streit um verseuchtes Blut ist Panikmache
Berlin (taz) – 350 HIV-Infizierte und Aidskranke haben sich lautstark in die Debatte um die jüngsten Blutskandale eingemischt. In einem offenen Brief an die Bundesregierung heißt es: „Es ist ein Skandal, daß statt Profitgier und Schlamperei bei Pharmafirmen, Behörden und Politik die DrogengebraucherInnen als Hauptschuldige anprangern. In unerträglicher Verzerrung der Größenordnungen wird die Debatte um HIV-Blut zum eigentlichen Aids-Skandal erklärt, während gravierende andere Versäumnisse zu jährlich 2.000 bis 4.000 Infektionen führt.“
Bei der Bundesversammlung von HIV- Infizierten und Aidskranken am Wochenende in München kamen Politiker und Medien schlecht weg. Michael Lenz von der Deutschen Aids-Hilfe warf ihnen vor, eine „ungeheure Panik und Hysterie“ zu schüren; Aids-Hilfe-Stellen würden von Anrufen überschwemmt. Dabei trage die Bundesregierung mit ihrer restriktiven Drogenpolitik die Mitverantwortung dafür, daß HIV-Infekte zunähmen.
Auch Ärztepräsident Vilmar warnte vor einer „Aids-Hysterie“. Die habe alarmierende Ausmaße angenommen: Immer mehr Menschen wollten sich aus Angst vor einer HIV-Ansteckung nicht operieren lassen. Gesundheitsminister Seehofers „HIV-Show“ (Vilmar) lehnen Experten wie Frank Ulrich Montgomery vom Marburger Bund ab. Seehofer hatte vorgeschlagen, alle Ängstlichen sollten sich auf HIV testen lassen.
Während Deutschland von einem Aids- Blut-Skandal in den nächsten schlittert, plakatiert der italienische Pulli-Multi Benetton die Republik mit HIV-Popos. Aidskranke Schwule und Bluter diskutierten mit Benetton-Werbern in München – und bedankten sich, daß Benetton sich „gesellschaftlicher Probleme annimmt“. Seiten 3 und 5
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