Notstand in Pakistan: Musharraf will Armeechef-Amt abgeben
Pakistans Machthaber Musharraf behauptet, vor dem Antritt seiner zweiten Präsidenten-Amtszeit das Militärkommando abgeben zu wollen - eine Finte, meinen Oppositionelle.
DELHI taz/dpa Pakistans Militärmachthaber Pervez Musharraf soll ein Datum für Neuwahlen angekündigt haben. Laut Staatsfernsehen beschloss der Nationale Sicherheitsrat am Donnerstag, Wahlen vor dem 15. Februar durchzuführen. Musharraf habe angekündigt, seine Uniform abzulegen, bevor er seine zweite Amtszeit als Präsident antritt. Diese Nachrichten wurden nicht offiziell bestätigt und werfen mehr Fragen auf, als sie beantworten. Denn zuerst muss das Oberste Gericht, auch wenn es nun mit regimetreuen Richtern besetzt ist, über die Rechtmäßigkeit von Musharrafs Wahl Anfang Oktober entscheiden. Und in Bezug auf seine Abgabe des Armeekommandos stellt sich die Frage, wann die neue Amtszeit beginnt, nun da die Verfassung suspendiert ist und der 15. November nicht mehr den bisherigen Termin markiert.
Die Ankündigung hängt zweifellos mit dem Aufruf der Volkspartei (PPP) zu einer Großdemonstration am Freitag in Rawalpindi zusammen. Die PPP fordert genau, was Musharraf nun offenbar erfüllt. Dennoch hält die Partei an der Kundgebung fest, da sie eine Finte des Generals befürchtet. PPP-Präsidentin Benazir Bhutto hat ihre abwartende Haltung aufgegeben und wird mit dem Protest in eine direkte Konfrontation mit Musharraf gedrängt, die sie bisher vermieden hat.
Die Regierung lässt es auf ein Kräftemessen ankommen. Erstmals war es am Mittwoch und Donnerstag zu offenen Protesten der PPP gekommen. Zahlreiche PPP-Anhänger wurden verhaftet. Bhutto erklärte, sie sei bereit, sich mit ihren Anhängern verhaften zu lassen. "Wie viele Menschen können sie hinter Gitter bringen? Wir werden so viele versammeln, dass sie nicht genug Gefängnisse haben." Erneut warnte Rawalpindis Polizeichef Bhutto vor Selbstmordattentätern, die "bereits in der Stadt" seien.
Die angebliche Festlegung eines Wahldatums ist auch Resultat des internationalen Drucks. Am Mittwoch erklärte US-Präsident George W. Bush in Washington, er habe Musharraf am Telefon gesagt: "Wir halten an Wahlen fest, und Sie müssen Ihre Uniform ablegen." Derweil will die deutsche Regierung als Antwort auf den von Musharraf verhängten Ausnahmezustand ihre Militärhilfe überprüfen. Dies kündigte Außenminister Frank- Walter Steinmeier (SPD) am Donnerstag im Bundestag an. Auch soll die deutsche Entwicklungshilfe auf Projekte begrenzt werden, die direkt der Bevölkerung zugute kommen.
Die Opposition kritisierte die geplante Lieferung von drei deutschen U-Booten an Pakistan. Grüne, FDP und die Linke sprachen sich dafür aus, den Verkauf zu stoppen. Laut dem jüngsten Rüstungsbericht des Bundeskabinetts wurden 2006 für 135 Millionen Euro deutsche Militärgüter an Pakistan geliefert. Es stand damit an der Spitze aller Empfängerländer außerhalb von EU und Nato.
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