Nordirische Protestantenpartei: Stabiler wird`s nicht
Der Chef der nordirischen Democratic Unionist Party Jeffrey Donaldson tritt zurück. Gegen ihn wurde Anklage in Zusammenhang mit Sexualdelikten erhoben.
Doch am Freitagmittag trat Jeffrey Donaldson als Chef der Democratic Unionist Party (DUP) zurüc. Am Donnerstagabend war er wegen „Anschuldigungen historischer Natur“ angeklagt worden. Es geht offenbar um Sexualdelikte.
Eine 57-jährige Frau, mutmaßlich seine Frau, wurde ebenfalls wegen Beihilfe im Zusammenhang mit den angeblichen Straftaten angeklagt. Beide müssen am 24. April vor Gericht erscheinen. Donaldson hat in der Nacht zum Freitag seine Konten in den sozialen Medien X, Facebook, Instagram und LinkedIn gelöscht. Die Gründe dafür sind unklar.
Die DUP hatte im Februar 2022 aus Protest gegen die Regeln des Nordirland-Protokolls die Regierung und das Parlament lahmgelegt. Donaldson monierte, dass Nordirland nach dem Brexit weiterhin Teil des EU-Binnenmarktes und der Zollunion bleiben sollte und dadurch anders behandelt würde, als der Rest des Vereinigten Königreichs.
Gestärkte Autorität
Der 61-jährige, Nordirlands dienstältester Unterhaus-Abgeordneter, hatte in der Vorweihnachtszeit intensive Gespräche mit Nordirlandminister Chris Heaton-Harris geführt und war maßgeblich an der Einigung mit der britischen Regierung über die Modifizierung der Handelsvereinbarungen nach dem Brexit beteiligt. Das resultierte im vergangenen Monat in der Wiederherstellung der Institutionen und in der Stärkung seiner Autorität in der Partei.
In einer am Freitag veröffentlichten Erklärung teilte die DUP mit, sie habe ein Rücktrittsschreiben von Donaldson erhalten. Die leitenden Parteifunktionäre der DUP haben ihn „in Übereinstimmung mit den Parteiregeln … bis zum Ergebnis eines Gerichtsverfahrens“ suspendiert. Der stellvertretende DUP-Vorsitzende Gavin Robinson wurde zum Interims-Parteichef ernannt.
Donaldson, der für seine „politischen Verdienste“ 2016 in den Ritterstand erhoben worden war, hatte die Partei seit 2021 geführt. Er war 1997 für die gemäßigtere Ulster Unionist Party (UUP) ins Unterhaus gewählt worden. Weil die Partei jedoch 1998 das von ihm abgelehnte Belfaster Friedensabkommen über die Machtbeteiligung des katholischen Teils der Bevölkerung unterzeichnete, verließ er die UUP und ging zur radikaleren DUP.
Der verheiratete Vater von zwei Kindern und Mitglied des streng anti-katholischen Oranierordens genießt den Ruf eines unionistischen Hardliners. In der Vergangenheit hat er sich wiederholt homophob und frauenfeindlich geäußert. Aber er ist auch ein Pragmatiker, was ihm in London, Dublin und Washington zähneknirschenden Respekt eingebracht hat.
Sein Ausscheiden wird erhebliche Auswirkungen auf die Stabilität der nordirischen Institutionen haben, denn nun wittern die Parteimitglieder, die jegliche Kompromisse mit der britischen Regierung und dem katholisch-nationalistischen Bevölkerungsteil ablehnen, ihre Chance.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“