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Nomen est omen

Nach zehn Jahren stirbt die Hausmusik-Hausband „Fred Is Dead“ nun tatsächlich – und feiert das Ende mit einem letzten Auftritt im Hamburg. Und die ebendort beheimateten „Der heitere Himmel“ verabschieden sich im Vorprogramm gleich noch mit

Das Beste an dieser Band: man weiß, was man bekommt – aber nicht, wie

von GREGOR KESSLER

Auch Musikgeschichte wird von Gewinnern geschrieben. Warum sollte das beim feinen, aber nun mal kleinen Hausmusik-Label anders sein? Schließlich war es schon verwunderlich genug, dass mit The Notwist ein Name aus diesem fruchtbaren Umfeld das nationale Pop-Bewusstsein penetrierte, ohne dass beim Anlaufnehmen ein Major mit angeschoben hätte.

Den hatten auch Fred Is Dead in den vergangenen zehn Jahren nicht im Rücken. Ob sie nur deshalb unauffällig in der zweiten Reihe der Hausmusik-Bands verharrten, lässt sich heute nicht mehr klären. Als wahrscheinlicherer Grund kann gelten, dass die Band stets nur Zweit- oder Drittprojekt für die umtriebigen Mitglieder war. Sänger und Gitarrist Wolfgang Petters führt das – inzwischen – Münchner Hausmusik-Label samt angeschlossenem Plattenladen und Mailorder, nebenbei spielt er in einer Hand voll anderer Projekte. Bassistin und Sängerin Marion Gerth arbeitet als Grafikerin in Berlin, gibt das Comic-Heft Jimmy Draht heraus und zieht eine Tochter groß. Schlagzeuger Florian Zimmer reist von München aus mit Lali Puna durch die Welt, während Organistin und Sängerin Katja Raine in Hamburg ein Studium verfolgt.

Was wiederum nicht heißen soll, die Band wäre ihnen nicht wichtig. Ein wenig, sagt Florian Zimmer, blute ihnen schon allen das Herz, wenn sie jetzt mit einer kurzen Tour Adieu sagen – die Band, inzwischen über die ganz Republik verteilt, löst sich im Anschluss auf. Kurz zuvor hatten sie sich noch einmal zusammengerauft und mit Greatest Hits ihre fünfte Platte veröffentlicht.

Dahinter verbirgt sich keine selbstgefällige Retrospektive – das wäre dann doch zu viel des Rockgestus gewesen – sondern der ernsthafte Versuch, dem Titel gerecht zu werden: Die vier wollten tatsächlich eine neue Platte aufnehmen, die gleichzeitig ihre größten Hits enthält. Dass sie dieses Versprechen nicht einlösen konnten, liegt nicht etwa an mangelnder Qualität des Songmaterials, sondern vielmehr an der hohen Qualität der Vorgänger: Wer die Latte selbst so hoch gelegt hat, darf sich nicht wundern, wenn er später nicht immer wieder drüberkommt.

Denn Fred Is Dead haben sich schon vor einiger Zeit auf lakonisch-melancholische Pop-Melodien eingeschossen, denen beizeiten ein paar zu laute Gitarren noch gerade so die Wehleidigkeit austreiben; oder ein Luftkissen-Orgel-Motiv die Mundwinkel nach oben ziehen; oder ein paar Elektrobeats Tanzbeine machen; oder ein unerschrockener Petters-Schüttelreim das Rappen beibringt; oder... Es gibt viele Wendungen, die diese Melodien nehmen können, ohne dabei unkenntlich zu werden. Durch die Aufstockung des Instrumentenparks um diverse Percussions oder auch Micha Achers Trompete sind auf Greatest Hits noch ein paar dazu gekommen.

Das ist vielleicht auch das Schönste an dieser Band: Man weiß immer, was man bekommt; aber man weiß nie, wie es passiert. Das lässt einen versucht sein, jetzt von der „reifsten“ Platte des Quartetts zu sprechen, wo die neue doch in Wahrheit schlichtweg ihre beste ist.

Und als wäre dieser Abschied nicht trist genug, feiert auch gleich noch die zweite Band des Abends ihren Ausstand. Das tragische Popquartett Der heitere Himmel aus Hamburg, dem Hausmusik-Label seit langem (und einer einmal dort herausgebrachten Single) freundschaftlich verbunden, wird sich an diesem Donnerstagabend ebenso freundschaftlich trennen. Was auch, aber wohl nicht nur mit den Umzugsplänen darbender Medienunternehmen zu tun hat, in deren Folge es ein Viertel der Band demnächst nach Berlin verschlägt. The Lebensumstände, they are a-changing.

Donnerstag, 21.30 Uhr, Astra-Stube

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