Nötigungsvorwurf gegen Ex-Polizeichef: Strobl kürzt Beamtensold
Baden-Württembergs Innenminister sanktioniert den suspendierten Polizeiinspekteur – und ist offenbar optimistisch, ihn ganz loszuwerden.

Renner war nach Bekanntwerden der Vorwürfe im November 2021 bereits vom Dienst beurlaubt worden, hatte aber weiter seinen Beamtensold von fast 8.500 Euro brutto erhalten. Nach seinem Freispruch kündigte das Innenministerium jedoch gleich an, ein Disziplinarverfahren gegen Renner weiterzuführen, um mögliche nichtstrafbare Dienstvergehen des Polizeiinspekteurs zu prüfen. Dafür wurden zwei Richter an das Ministerium abgeordnet.
Das Beamtenrecht verlangt von Staatsdienern ein Verhalten, das das Ansehen und Vertrauen in das Amt, das sie ausüben, nicht schädigt. Das Strafverfahren gegen den ehemaligen Polizeiinspekteur hatte ergeben, dass Renner in der Vergangenheit Nacktbilder von sich in sexuellen Posen an untergebene Polizeibeamtinnen verschickt hatte. Zudem hatte er Kolleginnen im Innenministerium nach deren Aussagen offen sexuelle Avancen gemacht.
Im Untersuchungsausschuss des Landtags war zudem eine Anekdote aus seiner Zeit als stellvertretender Chef des Landeskriminalamts bekannt geworden. Während die Corona-Maßnahmen Kontakte einschränkten, hatte Renner offenbar in seinem Büro mit Kollegen eine Party gefeiert. Eine Beamtin, die die leeren Flaschen entsorgte, war von einer Polizeistreife zu Rede gestellt worden.
Verfahren wegen Bestechlichkeit
Die jetzige Entscheidung sei das Ergebnis der bisherigen Ermittlungen im Disziplinarverfahren, erklärte das Innenministerium, das offenbar optimistisch ist, Renner am Ende ganz aus dem Beamtenverhältnis entfernen zu können. Auf das Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft Stuttgart wollte das Ministerium offenkundig nicht warten.
Dort läuft noch ein Verfahren wegen Bestechlichkeit. Renner soll in einem Videotelefonat der Beamtin, die gegen ihn die Vorwürfe der sexuellen Nötigung erhoben hatte, berufliche Vorteile in Aussicht gestellt haben, falls sie eine sexuelle Beziehung mit ihm eingehe. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart prüft eine Anklage inzwischen seit fast einem Jahr.
Die Opposition von FDP und SPD hatte längst gefordert, Renner zumindest vorläufig die Bezüge zu kürzen, und warf dem Innenminister Untätigkeit vor. Renners Strafverteidigerin bezeichnete die Disziplinarmaßnahme als „rein politische Entscheidung“, die jeglicher rechtlichen Grundlage entbehre. Renner hat dagegen beim Verwaltungsgericht Klage eingereicht.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
BSW scheitert, Schwarz-Rot hat eine Mehrheit
Totalausfall von Friedrich Merz
Scharfe Kritik an „Judenfahne“-Äußerungen
Wahlergebnis der AfD
Höchstes Ergebnis für extrem Rechte seit 1945
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Bundestagswahl 2025
Mehr gewollt und links verloren
Pragmatismus in der Krise
Fatalismus ist keine Option