piwik no script img

No Hell Below Us

Anschlag auf Düsseldorfer Synagoge als Racheakt gegen Staat Israel: Zwei Geständige verhaftet. Zentralratspräsident Spiegel nicht erleichtert

DÜSSELDORF taz ■ Der Brandanschlag auf die Düsseldorfer Synagoge scheint aufgeklärt. Verantwortlich für die Tat, die Anfang Oktober weltweit Aufmerksamkeit erregt hat, sollen der 19-jährige staatenlose Palästinenser Belat T. und der 20-jährige Deutsche marokkanischer Herkunft Khalid Z. sein. Gegen beide bestehe der dringende Verdacht der versuchten schweren Brandstiftung, erklärte Generalbundesanwalt Kay Nehm gestern in Düsseldorf. Sie hätten „den Tatvorwurf im Wesentlichen eingestanden“ und ausgesagt, den Anschlag allein verübt zu haben. Die beiden Tatverdächtigen sitzen in Untersuchungshaft und wurden dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes vorgeführt, der einen Haftbefehl wegen Fluchtgefahr erließ.

Nehm zufolge gaben die beiden Beschuldigten als Motiv Hass auf den Staat Israel an. Nach den Ereignissen vom 28. September in Jerusalem und den darauffolgenden gewalttätigen Auseinandersetzungen in den Autonomiegebieten hätten sie „ein Zeichen setzen“ wollen, so Nehm. So seien Khalid Z. und Belat T. in der Nacht zum Tag der deutschen Einheit zur Synagoge in der Zietenstraße gezogen und hätten zunächst einen Kalksand-Baustein und dann drei Molotowcocktails gegen die gläserne Eingangstür des jüdischen Gotteshauses geschleudert.

Bei dem Anschlag vom 2. Oktober entstand nur geringer Sachschaden, da eine Anwohnerin die Flammen beherzt löschte. Die Tat, die zunächst deutschen Rechtsradikalen zugerechnet wurde, löste weltweite Empörung aus. Bei seinem Besuch des Tatorts hatte Kanzler Gerhard Schröder zum „Aufstand der Anständigen“ gegen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus aufgerufen.

Laut Bundesanwaltschaft beteiligten sich Khalid Z. und Belat T. fünf Tage nach dem Düsseldorfer Brandanschlag an gewalttätigen Ausschreitungen gegen die Alte Synagoge in Essen. Dadurch seien die Ermittler den beiden Heranwachsenden auf die Spur gekommen. Bei der Durchsuchung ihrer Wohnungen am Mittwoch hatten die Beamten unter anderem handschriftliche Aufzeichnungen mit antisemitischen, antiisraelischen und rassistischen Inhalten und ein selbst gebasteltes Hitlerbild sichergestellt. In einen Türrahmen waren Hakenkreuze geritzt.

„Wir sind froh, dass jetzt Licht ins Dunkel gekommen ist“, kommentierte Herbert Rubinstein, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen, den Fahndungserfolg. Allerdings sei er schockiert über die Motive der mutmaßlichen Täter. Esra Cohn, der Vorsitzende der Düsseldorfer Jüdischen Gemeinde, sagte zur taz: „Wir haben immer schon damit gerechnet, dass der Anschlag nicht nur aus der rechtsradikalen Ecke kommen kann, sondern auch von fanatisierten Palästinensern.“ Das würde allerdings die Gefahr, die von deutschen Rechtsradikalen ausgehe, nicht mindern. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, sieht auch keinen Grund zur Erleichterung: „Ich fürchte, dass die Gefahr für jüdische Einrichtungen sogar noch größer geworden ist“, sagte er.

PASCAL BEUCKER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen