Nitrat im Trinkwasser: Warnung vor teurem Wasser
Das Umweltbundesamt warnt vor Nitrat im Trinkwasser: Das ist nicht nur schädlich, sondern kostet viel Geld, das am Ende der Verbraucher zahlen muss.
Sollte die Belastung nicht bald sinken, müssten die Wasserversorger zu teueren Reinigungs- und Aufbereitungsmethoden greifen. Auf eine vierköpfige Familie kämen dann Mehrkosten von bis zu 134 Euro im Jahr zu, berechnete das UBA in einer aktuellen Studie. Wasserversorger, Umweltschützer und die Grünen fordern schärfere Düngevorgaben.
„Ein Weiter so reicht für den Schutz der Trinkwasserressourcen nicht“, sagte ein Sprecher des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), der in Deutschland die kommunale Wasserwirtschaft vertritt. Die Spitzenkandidatin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, sagte, die möglichen Preissteigerungen seien „die Quittung für eine fehlgeleitete Agrarpolitik der Bundesregierung“. Die Ausrichtung der Fleisch- und Agrarproduktion auf „immer mehr und immer billiger“ habe gravierende Folgen für Tiere, Böden und Trinkwasser.
Übermäßiger Einsatz von Gülle und stickstoffhaltigem Dünger etwa im Obst- und Gemüseanbau gilt als Ursache für zu hohe Nitratwerte im Grundwasser. Das Problem ist lange bekannt. Bereits zu Jahresbeginn hatte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) vor steigenden Wasserpreisen gewarnt. Die EU hatte im November 2016 Deutschland wegen der hohen Werte verklagt. Laut UBA wird in mehr als 27 Prozent der Grundwasserkörper derzeit der Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter überstiegen. Gerade in Gebieten mit intensiver Landwirtschaft sei das Grundwasser häufig sehr belastet.
Nitrat ist eine chemische Verbindung aus Stickstoff und Sauerstoff. In Gewässern fördert sie Algenwachstum, was anderen Pflanzen schadet. Für Menschen ist der Stoff nicht gefährlich. Nitrat kann aber zu Nitrit werden, das den Sauerstofftransport im Blut blockiert. Außerdem steht Nitrit im Verdacht, indirekt krebserregend zu sein.
Düngeverordnung greift zu kurz
Die Politik hat nach jahrelangem Ringen reagiert und im Frühjahr strengere Düngeregeln beschlossen. Dazu gehören unter anderem Obergrenzen für Stickstoffeinträge in Gebieten mit kritischen Wasserwerten und längere Zeiträume, in denen keine Düngemittel ausgebracht werden dürfen. Mit dem Düngegesetz und der Novelle der Düngeverordnung sei ein Paket geschnürt, „das der Landwirtschaft ein ökonomisch tragfähiges und zugleich ressourcenschonendes Wirtschaften ermöglicht“, sagte eine Sprecherin des Agrarministeriums am Sonntag. „Die landwirtschaftlichen Betriebe benötigen Planungssicherheit für die kommenden Jahre. Dies wurde mit dem Düngepaket erreicht.“
Umweltschützern und den Wasserversorgern gehen die Regelungen nicht weit genug. BDEW-Hauptgeschäftsführer Martin Weyand teilte mit, die Studie des Umweltbundesamts zeige, wie dringend wirksame Maßnahmen gegen die Überdüngung seien. „Was bislang von der Bundesregierung in punkto Düngerecht auf den Weg gebracht wurde, reicht nicht aus, um die drohende Kostenbelastung für die Verbraucher zu verhindern.“ Vielmehr müssten das Düngegesetz und die Düngeverordnung weiter verschärft werden.
Greenpeace-Landwirtschaftsexpertin Christiane Huxdorff sagte: „Die Konsequenz aus diesen Warnungen sollte lauten: weniger Billigfleisch produzieren, die Düngegesetze deutlich verschärfen und wirksam kontrollieren“. Agrarminister Christian Schmidt (CSU) unternehme zu wenig, um das Grundwasser zu schützen. „Deshalb sollen die Verbraucher künftig nach UBA-Berechnungen bis zu 767 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich bezahlen. Das ist ungerecht und stellt das Verursacherprinzip auf den Kopf.“ Auch BUND-Chef Hubert Weiger sagte, es sei inakzeptabel, dass die Verbraucher die Kosten für die Belastung des Wassers mit Düngemitteln tragen müssten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“