piwik no script img

Nikki Haley gegen Donald TrumpSie macht weiter

Nikki Haley kann im Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur kaum noch gegen Trump gewinnen. Warum gibt sie nicht auf?

Versammelt ein gutes Drittel der republikanischen Wählerschaft hinter sich: Nikki Haley beim Wahlkampf in South Carolina Foto: Mic Smith/ap

Nikki Haley gibt sich kämpferisch. Nach einer weiteren Niederlage gegen Donald Trump im Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur erklärte Haley am Anfang vergangener Woche, warum ihre Kampagne trotzdem weitergeht: „Ich mache das nicht meiner politischen Karriere wegen. Ich mache es für meine Kinder. Und für alle eure Kinder und Enkelkinder. Sie wissen nicht, wie sie über die Runden kommen sollen. Sie haben Angst davor, dass noch mehr Kriege ausbrechen. Und sie verdienen es, ­erfahren zu dürfen, wie sich normal anfühlt.“

Auch ihr strahlendes Lächeln hat Haley nicht verloren. Sie tourt weiter durch die Vereinigten Staaten, und ihre Fans ermuntern sie, weiterzumachen. Alle anderen Mitbewerber um die Nominierung des republikanischen Präsidentschaftskandidaten haben längst die Segel gestrichen. Bei den sogenannten Primaries, den Vorwahlen, bei denen registrierte Wäh­le­r*in­nen die Kandidaten ihrer Parteien mitbestimmen, hat Haley mehr als nur Achtungs­erfolge erzielen können. Sie gewann in manchen Staaten dreißig bis vierzig Prozent der Stimmen.

Dennoch erwartet kaum jemand noch, dass Haley sich gegen ihren Konkurrenten wird durchsetzen können. Ob sie auch nur einen der 15 Staaten, in denen am Super Tuesday Vorwahlen stattfinden, für sich gewinnen kann, ist ungewiss. Spätestens dann werde Trump so viele republikanische Delegierte hinter sich haben, dass er unangefochten zum Herausforderer Joe Bidens gekürt werden wird, glauben viele. Großspender wie die Brüder Koch haben inzwischen erklärt, sie würden den Wahlkampf Haleys nicht mehr unterstützen. Doch ihrem Team gelang es prompt, an der Basis eine weitere ­Million Dollar für ihre Kampagne einzusammeln.

Sie war die erste „Girl Governor“ in South Carolina

Wer ist diese Frau? Was treibt sie dazu, trotz schwindender Erfolgschancen weiter gegen Trump anzutreten? Was bedeutet es, dass sich ein gutes Drittel der Republikaner sie als nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten wünscht? Nicht nur ihren Anhänger*innen, auch vielen De­mo­kra­t*in­nen erscheint sie wie die Brandmauer, die den Planeten vor einer weiteren Amtszeit Donald Trumps bewahren könnte. In New Hampshire versuchten linke Gruppen gar, registrierte Wäh­le­r*in­nen der Demokraten davon zu überzeugen, sich als „unregistriert“ eintragen zu lassen, um bei der republikanischen Vorwahl gegen Trump und für Haley stimmen zu ­dürfen.

Das war nicht abzusehen, als Haley zur, wie sie selbst es ausdrückte, ersten „Girl Governor“ ihres Heimatstaats South Carolina gewählt wurde. Sie war die erste Person of Color, die dieses Amt bekleidete. Dann holte Donald Trump sie in sein Kabinett – wohl weil er sie als Gouverneurin loswerden wollte, wie Beobachter des Washingtoner Politikbetriebs meinten – und ernannte sie zur Botschafterin der USA bei den Vereinten Nationen.

Die Außenseiterin, über deren Ambitionen, Gouverneurin zu werden, sich viele Republikaner noch lustig gemacht hatten, hatte es innerhalb weniger Jahre von South Carolina auf die Bühne der Weltpolitik geschafft. Dort machte sich Haley schnell einen Namen, was für eine Person mit ihrer Intelligenz nicht besonders schwer war. Genüsslich und scharfzüngig wies sie immer wieder darauf hin, dass es nicht besonders glaubwürdig ist, wenn autoritäre und diktatorische Regime, in denen Menschenrechte planmäßig und exzessiv mit Füßen getreten werden, mit pathetischem Verweis auf ebendiese Menschenrechte die israelische Besatzungspolitik als das ultimativ Böse zu geißeln versuchen.

Die USA waren nie rassistisch, meint Haley

Haley wuchs als Tochter der einzigen indischen Familie in Bamberg, South Carolina auf. Das Städtchen hat 2.500 Einwohner. Beide Eltern stammen aus wohlhabenden indischen ­Familien und emigrierten zuerst nach ­Kanada, dann in die USA. Vor allem ­Haleys ­Vater fiel auf in Bamberg. Der Biologieprofessor ist gläubiger Sikh und trägt ­einen Turban. Haley hat ­berichtet, dass sie rassistische An­feindungen aus ­eigener Anschauung kennt. Zugleich beharrt sie darauf, dass die USA nie ein rassistisches Land ­gewesen seien. Sie ist eine faszinierende, weil widersprüchliche Figur.

Einer der zentralen Bausteine in Haleys Programm ist das Unterbinden illegaler Migration über die Grenze zu Mexiko. Als Donald Trump und Joe Biden vor Kurzem ankündigten, am selben Tag die Grenze zu besuchen, an der Trump einst eine Mauer bauen lassen wollte, erklärte Haley süffisant, dort sei sie schon vor zehn Monaten gewesen.

Programmatisch liegen Haley und Trump so weit nicht auseinander. Haley ist Abtreibungsgegnerin und war sich nicht zu schade, populistisch ­gegen Transpersonen zu agitieren: Biologische Männer gehörten nicht Umkleidekabinen für Mädchen, außerdem würden diese Männer beim Sport unfairerweise einen Vorteil gegenüber Mädchen haben. Sie wettert gegen Wokismus und Identitätspolitik, verweist aber immer wieder darauf, dass sie eine Frau und die Tochter von Einwanderern ist.

Weil es die Alten Weißen Männer nicht mehr bringen

Von Dragqueen RuPaul entlehnte Haley einen Spruch, um ihre männlichen Mitbewerber zu ärgern: „May the best woman win!“ – Möge die beste Frau gewinnen. Bei der Rede zum Beginn ihrer Kampagne hatte sie sich bereits zur toughen Lady stilisiert. Sie erwarte einen Kampf mit harten Bandagen, und wenn sie sich mit Tritten gegen ihre Widersacher wehre, dann mit Stöckelschuhen: „Das tut noch mehr weh.“

Haley gilt als zugewandt, aber auch als impulsiv und beratungsresistent. Als Gouverneurin verlangte sie Loyalität, zeigte sich selbst, wie viele Chefs des neoliberalen Zeitalters, denen die althergebrachte Verantwortungsethik abgeht, gegenüber ihren Untergebenen aber oft illoyal, wie man in einem Haley-Porträt in Politico nachlesen kann.

Haley setzt bei ihrer Anhängerschaft eine hohe Ambiguitätstoleranz voraus. Sie gibt sich einerseits als sehr konservativ, andererseits verkauft sie sich als vergleichsweise junge, migrantische Frau, deren Zeit nun gekommen sei, weil es die Alten Weißen Männer nicht mehr bringen.

Eine überzeugte Demokratin

Widersprüchlich auch ihre Haltung gegenüber Trump: Als er die Wahl verlor und sich in wilden Verschwörungstheorien erging, verteidigte Haley ihren ehemaligen Chef – sein Kabinett hatte sie klugerweise längst verlassen. Trump glaube nun einmal daran, dass ihm die Wahl gestohlen worden sei. Verantwortlich dafür sei sein Umfeld. Doch nach dem 6. Januar 2021, als Trump seine Anhänger zum Aufstand animierte und dann nur halbherzig einschritt, als seine Wutbürger das Kapitol stürmten, vollführte Haley eine Kehrtwende. Trumps Handeln werde von der Geschichte scharf verurteilt werden, sagte sie. „Er hat den falschen Weg eingeschlagen und wir hätten ihm nicht folgen dürfen. Wir dürfen nicht zulassen, dass das noch einmal ­passiert.“

Ihre Wahlergebnisse werden jetzt als Indiz dafür gelesen, dass auch mindestens ein Drittel der republikanischen Wäh­le­r*in­nen Trump nicht mehr als Präsidenten sehen will.

Die Widersprüche in Haleys Aussagen und ihre Kehrtwende werden in den USA häufig als Indiz für einen Mangel an Grundüberzeugungen gelesen. Dem könnte man entgegenhalten, dass Haley eine überzeugte Demokratin ist und den westlichen Liberalismus verteidigt. Donald Trump warf sie vor, sich auf die Seite des mörderischen Gangsters Putin geschlagen zu haben.

Wer Biden verhindern wolle, müsse für sie stimmen

Haleys zentrales Argument für die Fortführung ihrer Kampagne lautet jedoch, dass Trump in Umfragen bei der amerikanischen Wählerschaft derzeit hinter Joe Biden liegt, eine republikanische Kandidatin Haley dagegen eine realistische Chance gegen Biden hätte. Wer eine weitere Amtszeit Bidens verhindern wolle, müsse daher für sie stimmen. „70 Prozent der Amerikaner wollen kein Rückspiel zwischen Trump und Biden sehen.“ Dieses Mantra wiederholt Haley jeden Tag.

Dass sie darauf spekuliert, dass die vielen Verfahren, die gegen den Ex-Präsidenten anhängig sind, ihn noch vor der Wahl im November zu Fall bringen könnten, ist denkbar. Ob Nikki Haley dieses Szenario für realistisch hält, steht auf einem anderen Blatt. Ihre bisherige Weigerung, aus dem Kampf um die republikanische Kandidatur auszusteigen, wird als Ausdruck einer längerfristigen Strategie interpretiert: Deutlich zu machen, dass sie eine erfolgversprechende republikanische Kandidatin für die Wahl im Jahr 2028 ist. Dieses Ziel hat Haley wohl bereits erreicht, auch wenn sie nach dem Super­ Tuesday aus dem Rennen aussteigen sollte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Der Fluch der Plutokratie mit Anklängen an Meritokratie:



    "Großspender wie die Brüder Koch haben inzwischen erklärt, sie würden den Wahlkampf Haleys nicht mehr unterstützen. Doch ihrem Team gelang es prompt, an der Basis eine weitere ­Million Dollar für ihre Kampagne einzusammeln."



    Die Bürgergesellschaft ist den Milliardären politisch zukünftig wohl aus ihrer Existenz-Not eher im Weg.



    Ein Investment muss Profit versprechen, es geht um Werte, die sich in Dollar errechnen lassen.



    Bei spiegel.de steht:



    "Koch hat gemeinsam mit seinem Bruder, so steht es in einem auf einer siebenjährigen Recherche basierenden Buch über sein Reich (»Kochland «), schon in den Siebzigerjahren begonnen »parallel zu den Geschäften von Koch Industries ein Netzwerk zur Politikbeeinflussung aufzubauen und so ein System zur politischen Einflussnahme erschaffen, das in der US-Wirtschaftsgeschichte einmalig sein dürfte«. Koch gründete als Thinktanks getarnte Lobbyorganisationen wie das Cato Institute und finanzierte viele weitere. Außerdem schuf er ein gewaltiges Spendernetzwerk namens Donors’ Trust , das Milliarden Dollar bewegt."



    Kochs Entourage ist nicht die Lösung, sie ist Teil des Problems.