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Nigeria-Coach Gernot Rohr über die WM„Wir machen einfache Sachen“

Gernot Rohr ist Trainer von Nigeria. Vor dem Spiel gegen Kroatien spricht er über Afrika, seine Spielidee und einen Sieg über Argentinien.

Hauptaufgabe, ein gemeinsames Team zu bilden: Gernot Rohr bei Nigeria Foto: Imago / Gepa Pictures
Interview von Johannes Kopp

taz: Herr Rohr, was ist für das Team von Nigeria bei dieser Weltmeisterschaft möglich, wenn alles perfekt läuft?

Gernot Rohr: Unser Team hat das jüngste Durchschnittsalter bei der Weltmeisterschaft. Wir wollen lernen und besser werden und im nächsten Jahr in der Lage zu sein, beim Afrika-Cup etwas zu gewinnen. Aber das Halbfinale jetzt zu fordern, wie es einige Fans tun, das ist nicht realistisch.

Gut. Mit dem Erreichen des Achtelfinales sind Sie also zufrieden?

Auch das wird schwierig. Schauen Sie sich unsere Gruppe an. Gleich das erste Spiel gegen Kroatien ist kompliziert, danach kommt Island, das Überraschungsteam der vergangenen Europameisterschaft, und am Ende spielen wir auch noch gegen Argentinien.

Die haben Sie erst im November vergangenen Jahres in einem Freundschaftsspiel 4:2 geschlagen.

Ja, aber ohne Messi. Und als wir 0:2 zurücklagen, da sind die Argentinier wahrscheinlich überheblich geworden. Aber Freundschaftsspiele kann man sowieso nicht mit einer Weltmeisterschaft vergleichen.

Im Interview: Gernot Rohr

Der gebürtige Mannheimer ging als 24-Jähriger nach Frankreich zu Girondins Bordeaux – erst als Spie­ler, dann als Trainer. Seit 2010 arbeitet er in Afrika. Vor Nigeria be­treute er Gabun, Niger und Burkina Faso.

Ihre Spieler sind in zig verschiedenen Ländern aktiv: Italien, Spanien, England, der Türkei, China, Russland. Wie vermitteln sie einem solch divers aufgestellten Kader eigentlich eine gemeinsame Spielidee?

Indem man einfache Sachen macht. Seitdem ich im August 2016 angefangen habe, haben wir Wert auf den Teamgeist, auf Zusammenhalt, auf kollektiven Fußball gelegt. Und unsere Stärke ist die Offensive.

Wie sieht denn ein einfaches Offensivkonzept aus?

Unser Spiel sind die schnellen Attacken. Wir haben schnelle Spieler vorne, sind dazu in der Lage, dass alle zusammen angreifen, aber auch dass alle zusammen verteidigen. Unsere Stärke ist der Block. Wir haben keine Stars wie in den neunziger Jahren mit Kanu, Okocha oder Ikpeba. Aber wir haben vielversprechende Spielerpersönlichkeiten, aus denen noch Stars werden können.

Gerade in die Zeit von Weltmeisterschaften fallen ja oft die Geburtsstunden von großen Stars.

Darauf hoffe ich, und damit motiviere ich meine Spieler.

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Wem trauen Sie in Ihrem Team einen solchen Durchbruch zu?

Alex Iwobi, der bei Arsenal zuletzt leider nicht so viel zum Einsatz kam. Und ich hoffe auf Victor Moses, der anders als beim FC Chelsea bei uns eine offensivere Rolle spielt. Vielleicht kommt er dadurch auch mehr ins Rampenlicht.

Wo sehen Sie Probleme?

Wir haben mit dem erst 19-jährigen Francis Uzoho einen sehr jungen Torhüter. Unser Stammtorhüter Carl Ikeme ist an Leukämie erkrankt. Uzo­ho, den wir erst im November entdeckt haben, spielt für La Coruña in Spanien und ist dort der vierte Torhüter.

Und für Nigeria bei der WM die Nummer eins?

Ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen, vor dem Spiel gegen Kroatien kann immer noch etwas passieren. Aber wir haben zuletzt auf ihn gesetzt. Er ist technisch gut, sehr groß, überraschend ruhig, aber mit erst sechs Länderspieleinsätzen eben noch nicht sehr erfahren.

Für Sie ist es ja auch die erste WM. Wie nervös sind Sie?

Das macht mich ja richtig jung, wenn ich mit meinen 64 Jahren etwas zum ersten Mal machen kann (lacht). Lampenfieber habe ich nicht, aber die Vorfreude ist riesig.

Nigeria hat seit vielen Jahren immer wieder sehr viele gute Spieler hervorgebracht. Gibt es denn keine guten Trainer? Oder warum setzt man bei Weltmeisterschaften meist auf Europäer?

Wir haben schnelle Spieler vorne, sind dazu in der Lage, dass alle zusammen angreifen, aber auch dass alle zusammen verteidigen.

Die einheimischen Trainer haben ein Handicap: Sie gehören einer Ethnie an. Und bei ihrer Spielerauswahl gibt es immer sofort Kritik, dass sie ethnisch motiviert sei. Als Ausländer hat man diese Probleme nicht. Ich habe aber sehr gute Assistenten aus dem Land, die mir helfen.

Als Kamerun bei der WM 1990 ins Viertelfinale zog, hat man viel von der großen Zukunft des afrikanischen Fußballs gesprochen. Warum ist dieses große Versprechen bis heute nicht eingelöst worden?

Es fehlt nicht viel. Oft erschweren unnötigerweise organisatorische Dinge die Möglichkeiten. Bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien etwa war beim nigerianischen Team die Prämienfrage noch ungeregelt, als das Turnier begann. Versprechungen wurden nicht eingehalten. Es ist nicht gut, wenn man sich während einer Weltmeisterschaft mit solchen Fragen beschäftigen muss. Und es wird zu wenig in die Fußballstrukturen im Land investiert. In Nigeria gibt es zum Beispiel immer noch zu wenige Stadien, wo man spielen kann.

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