Niedrigere CO2-Werte von Neuwagen: Streit um EU-Umweltziele für Autos

Deutschland möchte nicht über das Ziel der EU-Kommission hinausgehen. Die will nur eine Abgas-Reduktion von 30 Prozent bis 2030.

Vor roten Ampeln stehen Autos im Stau

Üble CO2-Schleudern: Deutschland bremst niedrige Abgaswerte für Neuwagen aus Foto: dpa

Brüssel taz | Früher gab die „Klimakanzlerin“ Angela Merkel in der EU den Ton an. Doch beim Treffen der Umweltminister am Dienstag in Luxemburg, bei dem es um die Klimapolitik ging, stand die CDU-Chefin plötzlich am Pranger. „Die Bundeskanzlerin fährt die deutsche Autoindustrie klima- und industriepolitisch an die Wand“, schimpfte der Luxemburger Umwelt-Staatssekretär Claude Turmes.

Der ehemalige Europabgeordnete der Grünen, der erst vor kurzem in die Luxemburger Regierung eingetreten ist, ärgert sich über die Bremsmanöver, die Merkel neuerdings in der Umweltpolitik vollzieht. Konkret geht es um eine Reduktion des CO2-Ausstoßes für Neuwagen. Merkel möchte nicht über das Ziel der EU-Kommission hinausgehen, die eine Reduktion von 30 Prozent bis 2030 vorsieht.

Turmes geht dies jedoch nicht weit genug – und er steht nicht allein: Rund 20 der 28 EU-Staaten forderten bei dem Treffen in Luxemburg ehrgeizigere Ziele. Sogar der österreichische EU-Vorsitz ging über 30 Prozent hinaus. Als Kompromiss zwischen der Haltung der Kommission und der neuen Forderung des Europaparlaments, die Schadstoffe um 40 Prozent zu reduzieren, schlägt er 35 Prozent vor.

Nur Bulgarien oder Ungarn waren ähnlich zögerlich wie Deutschland – eine ungewöhnliche und kontraproduktive Allianz. Das sagte auch die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze. Die von Merkel vorgegeben Linie könne sie nur mit großen Bauchschmerzen mittragen, so die SPD-Politikerin in Luxemburg. „Es fällt mir sehr schwer, das 30 Prozent-Ziel zu vertreten“, erklärte Schulze.

Höhere Klimaziele

Auf die Frage, ob sie sich nicht einfach über die Vorgabe aus Berlin hinwegsetzen könne, wie dies der ehemalige CSU-Minister Christian Schmidt im Streit um die EU-Zulassung für das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat getan hatte, gab Schulze eine ungewöhnliche Antwort. “Mein Name ist Schulze und nicht Schmidt, ich bin von der SPD und nicht von der CSU“, sagte sie.

Wie der Streit zwischen den EU-Umweltministern ausgehen würde, war bis Redaktionsschluss noch unklar. Die ungewöhnlich zähen Beratungen wurden vertagt, um zunächst eine Entscheidung zum Klimaschutz zu ermöglichen. Die EU sei bereit, ihre Klimaziele bis 2020 zu erhöhen, wenn dies nötig sei, hieß es in Luxemburg. Allerdings wählten die Minister nur eine weiche Formulierung.

Man werde die eigenen Klimaziele „bis 2020 melden oder aktualisieren und dabei die benötigten und umgesetzten gemeinsamen Anstrengungen aller Vertragspartner zur Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens berücksichtigen“, heißt es in dem Beschluss, den auch Deutschland mitgetragen hat. Er soll jetzt bei der nächsten Weltklimakonferenz im polnischen Kattowitz im Dezember vorgetragen werden.

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