Niederlande verschärfen Asylpolitik: Zuwanderung als „schwere Last“
Migrationsabwehr ist der Kitt, der die niederländische Rechtsregierung vereint. Ihr Ziel: mehr Abschiebungen, schärfere Grenzkontrollen.
Wenn es ein Thema gibt, das die vier Parteien der künftigen niederländischen Regierung vereint, ist es Asyl und Migration. Der Koalitionsvertrag macht diesbezüglich eine klare Ankündigung: Zuwanderung, heißt es da, übe einen „schweren Druck auf Wohnen, Gesundheitssystem, Unterricht und finanzielle Mittel und auf den sozialen Zusammenhang in unserem Land“ aus. Ihre Bekämpfung war der Kitt zwischen PVV, VVD, NSC und BBB. Und der inhaltliche Türöffner für eine Regierungsbeteiligung der Rechtspopulist*innen.
In der künftigen Agenda wird dies allein schon daran deutlich, dass dort nicht von „Migration“ die Rede ist, sondern prinzipiell vom „Zugriff auf Migration“. Eine der ersten Pläne, die in der Nacht zu Donnerstag bekannt wurden, war die Abschaffung eines neuen Gesetzes, das Asylbewerber*innen über das Land auf die Kommunen verteilen soll. Die PVV und ihr publizistisch-gesellschaftliches Umfeld hatten monatelang dagegen agitiert – durchaus vergleichbar mit dem Widerstand Ungarns oder Polens gegen die solidarische Verteilung Geflüchteter in Europa. Die Stoßrichtung ist die gleiche: Wer Asylbewerber*innen gar nicht zulassen will, braucht diese auch nicht zu verteilen.
Die Pläne sind Teil eines geplanten „Asyl-Krisen-Gesetzes“, das „direkt“ wirksam werden soll. Es beinhaltet die notfalls erzwungene Abschiebung von Personen ohne Aufenthaltsstatus sowie die Verstärkung von Grenzkontrollen. Daneben ist eine „Opt-out-Klausel“ geplant, die man schnellstmöglich bei der EU-Kommission einreichen will, um sich aus der Gemeinsamen EU-Asylpolitik auszuklinken. Stattdessen will man in Den Haag mit „gleichgesinnten“ Ländern „intensiv zusammenarbeiten, um in Zeiten einer gemeinsamen Krise adäquat auftreten zu können“.
Unter dem Stichwort „Mini-Schengen“ könnten entsprechende Mitgliedsstaaten durch eine gemeinsame Initiative neue, härtere Standards erzwingen, die sich allmählich auf die gemeinsame europäische Asylpolitik auswirken könnten. Zudem will man sich für „Migrationsdeals“ starkmachen, mit dem Ziel, außerhalb der EU Asylzentren einzurichten, etwa in Ruanda. 2022 hatten sich Umfrageteilnehmende zu 86 Prozent für einen vorübergehenden „Asyl-Stop“ ausgesprochen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“