: Niederlage für Demjanjuk
■ Zeugenvernehmung im Jerusalemer Prozeß gegen mutmaßlichen Kriegsverbrecher hat begonnen
Jerusalem (afp) - Im Prozeß gegen den mutmaßlichen Kriegsverbrecher John Demjanjuk hat am Dienstag die Vernehmung der Zeugen begonnen. Als erster sagte der Historiker und Direktor des Holocaust–Mahnmals Yad Vashem, Yitzhak Arad, vor dem Bezirksgericht in Jerusalem aus. Er skizzierte die verschiedenen Etappen, die zur „Endlösung“ der Judenfrage durch die Nazis führten. Die Verteidigung hatte geltend gemacht, angesichts der Fülle von 30.000 Dokumenten sollte das Gericht auf die Anhörung dieses Zeugen verzichten. Der Vorsitzende Richter lehnte das Gesuch jedoch ab. „Dieser Prozeß, der vor den Kameras von 17 internationalen Fernsehstationen stattfindet, erinnert an die Propagandaprozesse in Moskau im Jahre 1936“, meinte einer der Anwälte Demjanjuks. Dem 67jährigen Ukrainer Demjanjuk wird zur Last gelegt, als Aufseher im KZ Treblinka die Mitschuld am Tod von 850.000 Juden zu tragen. Die Staatsanwaltschaft hält Demjanjuk für den Aufseher Iwan Gosny, der in den Jahren 1942–43 von den KZ–Insassen als „Iwan der Schreckliche“ gefürchtet wurde. Demjanjuk war erst im Februar 1986 von den USA an Israel ausgeliefert worden. In die USA war er 1952 ausgewandert. Der Historiker Arad zeigte die Entwicklung auf, die von der Rede Hitlers am 30. Januar 1939 vor dem Reichstag bis zur Wannsee–Konferenz im Januar 1942 führte. Auf der Konferenz sei die Vernichtung von elf Millionen Juden in den bereits von den Nazis kontrollierten Gebieten und in jenen beschlossen worden, die noch zur Eroberung angestanden hätten. Dazu zählten die Türkei, Großbritannien und die Schweiz. Das KZ Treblinka bezeichnete Arad als den „größten jüdischen Friedhof der Welt“. Die „Todesmaschine“ habe am 22. Juli 1942 in dem Lager ihren Betrieb aufgenommen. Die ersten Opfer seien die aus dem Warschauer Getto deportierten Juden gewesen.
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