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Niebel will Biosprit abschaffenKonflikt zwischen Tank und Teller

Die Lebensmittelpreise steigen. Dafür macht Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel auch den Biosprit E10 verantwortlich und fordert ein Verbot.

E10: Dirk Niebel findet's nicht super. Bild: dapd

BERLIN rtr | Angesichts weltweit steigender Lebensmittelpreise fordert Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) einen Verkaufsstopp für den Biosprit E10 an deutschen Tankstellen. „Das ist ein Konflikt zwischen Tank und Teller, und gerade bei steigenden Lebensmittelpreisen kann Biosprit zu stärkerem Hunger in der Welt beitragen“, sagte der FDP-Politiker am Mittwoch dem Fernsehsender n-tv.

Eine Sprecherin des für Biosprit zuständigen Umweltministers Peter Altmeier (CDU) wollte die Äußerungen Niebels nicht kommentieren. Sie verwies darauf, dass Deutschland bei E10 Vorgaben der EU umsetze. Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) sprach von einer Scheindebatte.

„Ein Verbot von E10 wäre nichts anderes als Symbolpolitik, weil die überwiegende globale Nachfrage nach Getreide und Mais nicht von den Bioethanolherstellern, sondern aus dem Futtermittelsektor kommt“, sagte VDB-Geschäftsführer Elmar Baumann.

Die Dürre in den USA und Indien hat zu enormen Ernteausfällen geführt, die die Preise für Getreide in die Höhe getrieben haben. Die UN warnen vor einer Lebensmittelkrise. E10 wurde 2011 eingeführt. Der Name steht für einen zehnprozentigen Anteil von Ethanol am Benzin.

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9 Kommentare

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  • D
    Dirk

    @SchnurzelPu: Komisch nur, dass hier in Deutschland es die Autoindustrie nicht schafft, ein vernünftiges Bioethanolauto auf den Markt zu bringen. Wenn die Automoblibranche also Bioethanol geschickt lanciert hat, müsste es ja nun viele entsprechende Automodelle mit Flexy-Fuel-Motoren zu kaufen geben. Ich sehe keins.

    Das Problem mit dem Hunger in Mexiko usw. ist nicht, dass der US-Mais zu Biosprit umgewandelt wird, sondern dass der billige, subventionierte Mais dorthin verkauft wurde und vor Ort nichts mehr konkurrenzfähig war und ist. Die Bauern dort gingen einfach vor die Hunde. Ebenso ist es mit den subventionierten Agrar-Produkten der EU. Hunger hat es im Übrigen ja schon vorher gegeben nicht erst durch den winzigen Anteil, der weltweit zu Bioenergie gemacht wird.

    Die Produktion von 1 kg Rindfleisch so viele Emissionen wie eine Autofahrt von 250 km. Soviel zu Ihrem Steak.

    Regenwald wird z.B. auch für Sojaproduktion abgeholzt. Das Soja wird für Tiernahrung benötigt. 1/3 dieser Importe nach Deutschland wurden durch die Rapsölerzeugung eingespart.

  • S
    SchnurzelPu

    E10/Bioethanol wurde von der Autoindustrie geschickt lanciert, um sich grün zu waschen. Der CO2-Ausstoss sinkt, der Motor muss nicht abgespeckt werden. Unterstützung kommt von Grünen, die mit den Fernsehbeiträgen von Franz Alt sozialisiert wurden.

     

    In den USA beispielsweise gehen ein Drittel der Maisernte in die Benzinherstellung - wieviele verhungern deswegen? Der Regenwald wird natürlich deshalb abgeholzt, man braucht Flächen - ob man die im Ring tauscht - Zuckerrohr auf Weideflächen - Weide auf abgholztem Regenwald ist dabei auch nur grün waschen.

     

    Lieber ein gutes Steak als mit dem Auto zur Arbeit fahren.

  • D
    Dirk

    PS: Der Gärrest enthält viele Nährstoffe, die wieder auf das Feld gebracht werden können und stinkt im übrigen auch nicht so wie die frische Gülle. Wenn man es richtig macht (Injektionsdüngung), kann man Treibhausgasemissionen stark verringern. Außerdem muss man dann kaum noch mineralisch düngen. Die Herstellung von Mineraldünger ist auch kein "sauberes" Geschäft.

  • D
    Dirk

    Hallo, leider zeugen einige Kommentare immer wieder von völligem Nichtwissen. Dies zieht sich leider bis in die Politik hinein und die Medien machen auch fleißig mit!

     

    Urwälder werden sicher gerodet, aber nicht für Bioenergie. Es gelten seit Mitte 2010 für Biokraftstoffe strenge Regeln, die u.a. solche Eingriffe im Ausland verhindern sollen. Es darf kein Biosprit auf den Markt kommen, der diesen Kriterien nicht entspricht. Für die Bioethanolproduktion wird nur der Stärkeanteil des Getreides genutzt, das verbleibende Protein wird zu Tierfuttermittel verarbeitet. Von der deutschen Getreideernte gingen im vergangenen Jahr etwa 4% in die Bioethanolproduktion, also rund 1,5 Mio. Tonnen. Dies machte etwa 0,1% der Weltgetreideernte aus. Daraus produzierten die deutschen Hersteller neben Bioethanol etwa 500.000 Tonnen Eiweißfuttermittel. Dies spart z.B. Sojaimporte!!! Global gesehen werden nach Schätzungen 6% der Weltgetreideernte für Biokraftstoffe verwendet 2012/13, 34% für Futtermittel (Quelle: Agentur für Erneuerbare Energien). Der steigende weltweite Fleischverbrauch steigert auch den Druck auf die Getreideproduktion. Von dem wegschmeißen von Lebensmitteln will ich nicht reden.

     

    Maiswüsten mag es stellenweise geben. Vom Maisanbau insgesamt gehen gut 2/3 in den Ernährungs- bzw. Futtermittelbereich. Insgesamt werden in Deutschland auf 962.000 ha Pflanzen (nicht nur Mais) für Biogas angebaut (Quelle: FNR). In Deutschland gibt es ca. 12 Mio. ha Ackerfläche. Außerdem gibt es intensive Forschungen zu alternativen Energiepflanzen für Biogas. Der Mais hat da eben langjährigen Züchtungsvorsprung. Im Übrigen muss man auch für Getreide, Kartoffeln usw. düngen und Pestizide verwenden, wenn man kein Ökobetrieb ist. Da gibt es keinen Unterschied zwischen Bioenergie und Nahrungsmittelproduktion.

    Irgendwie müssen wir unsere Energieversorgung umstellen, ob wir nun wollen oder nicht. Ein sinnvoller Mix aus allen regenerativen Quellen ist hier hilfreich. Gerade Biogas ist immerhin auch speicher- und regelbar. Wind und Sonne bisher nicht sehr gut.

    Über die Umweltschäden durch Erdöl, Atomkraft usw. wird kaum geredet und über deren Kosten. Schon schade.

  • D
    dondolo006

    Niebel hat vollkommen recht.

    Das E10-Thema ist allerdings nur die Spitze des Eisbergs: Über pestizid- und düngemittelgetränkte Maiswüsten für die "Bio"gasproduktion, über den Handelskrieg ums Schwachholz zwischen´"Bio"massekraftwerken und "Bio"pelletsherstellern auf der einen Seite und den Papier- und Holzfaserherstellern auf der anderen Seite wird noch gar nicht diskutiert.

     

    Aber wozu auch? Papier und Holzfasern können wir schließlich auch aus Asien importieren. Und da sieht keiner, dass dort massenhaft Urwälder gerodet werden.

     

    Und die Maiswüsten sind Eldorados für sich rapide vermehrende Wildschweinrotten. Mhhh - lecker (solange ich es mir noch leisten kann...)

  • S
    Strafsteuer

    für Autos mit Ausstoß mehr als 20g co2/zu befördernde Person (also 100g für einen Fünfsitzer), realistisch gerechnet, ohne Schönfärbeformeln wie "EU-Norm".

     

    Oder besser: Verdreifachung des Steueranteils am Sprit bei Ausgleichshilfe nur für Bedürftige für die Anschaffung sparsamerer Autos.

    Abschaffung der Rennwagen- und SUV-Finanzierung durch Lohnsteuerzahler (sind nämlich zu 100% Firmenwagen, die steuerlich geltend gemacht werden.)

     

    Aber bei so etwas da ist die FDP mit Niebel merkwürdigerweise genau auf Gegenkurs.

  • N
    nihi.list

    Populistisch, aber dennoch vollkommen korrekt.

     

    Das steuerlich geförderte und erzwungene Verbrennen von Nahrungsmitteln vor dem Hintergrund des weltweiten Hungers ist nur ein besonders bizzares Beispiel für den ausufernden Ökowahn.

     

    Und wenn man schon mal dabei ist:

    Weg mit dem Quecksilbersondergiftmüll (sogenannte Energiesparlampen) und der Subventionierung der Solarmafia (EEG).

     

    Stattdessen Konzentration und Rückbesinnung auf echten, sinnvollen Umwelt- und Ressourcenschutz.

  • RC
    robin c. sherwood

    Hoppla! Macht da jemand aus Versehen das Richtige oder dreht der Wind?

    Das ist ja zum Staunen!

  • S
    sonic

    warum verbieten wir nicht einfach die herstellung von schweinegammelbilligdrecksfleisch, das schmeckt eh nach nix, verbraucht viel zu viel getreide und ist auch noch ungesund..... oder das spekulieren auf grundnahrungsmittel, das letztendlich den preis in die höhe treibt.... oder wir verbieten die FDP, die ist auch reine ressourcenverschwendung.