■ Diepgen riskiert die Länderehe: Nichtschwimmer
Politiker und erst recht Regierende Bürgermeister halten es für die vornehmste Aufgabe, Probleme zu beschönigen, und für die unanständigste, Klartext zu reden. An diese Formel hielt sich gestern auch brav Eberhard Diepgen. Er gab vor, in einer Großen Koalition den jährlichen Personaletat um eine Milliarde Mark kürzen zu wollen, wofür jede 15. Stelle gestrichen werden müßte. Doch weh tun will Diepgen niemandem. Und so versprach der Wiederholungstäter gestern erneut allen alles: keine Kündigungen im öffentlichen Dienst, Arbeitszeitverkürzung selbst für Besserverdienende nur freiwillig und ohne Gehaltsverlust.
Diepgen weiß, wie unverantwortlich er agiert. Die Stadt muß nicht nur die Milliarde Mark beim Personal sparen, sondern jährlich weitere vier Milliarden bei Sachausgaben und Zuschüssen. Mit seinem vermeintlichen Optimismus hat Diepgen gestern die Angst der Brandenburger befördert, eine von ihm angeführte Koalition werde sich nicht mit den vereinbarten 70 Milliarden Mark Schulden im Jahr 1999 begnügen, sondern in eine noch höhere Staatsverschuldung flüchten. Man könnte fast vermuten, daß Diepgen aus Angst vor dem „roten Meer“ zum Fusionsgegner mutiert. So jedenfalls riskiert der Regierungschef die Mehrheit der Brandenburger für die Länderehe bei der Volksabstimmung am 5. Mai. Diepgens Spiel mit dem Jahrhundertwerk ist niederschmetternd, weil Berlin völlig unabhängig von der Vereinigung die Milliardenbeträge sparen muß. Zumal das Sparen nach einer Fusionspleite noch schwieriger wird, weil Berlin seine aufgeblasenen Senatsverwaltungen dann nicht einmal mehr mit den Brandenburger Ministerien zusammenlegen könnte. Dirk Wildt
Bericht auch auf Seite 22
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