Nachgefragt: „Nicht schönreden“
■ Kahrs zum neuen Abitur in Bremen
Wie sieht das „Abitur 2000“ aus? Dazu hat die Kultusminis-terkonferenz jetzt einen Beschluß gefaßt und sich weiterhin zu einer 13jährigen Schulzeit bekannt. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie der Deutsche Philologenverband hoffen jetzt, daß langfristig alle neuen Bundesländer auf diese Schulzeit umschwenken werden. Dort hätten Eltern, Lehrer und Schüler ständig Hektik und fehlende Reflexion von Lehrstoffen beklagt, erklärte Heinz Durner vom Philologenverband. Bisher wollen nur Sachsen und Thüringen an 12 Schuljahren festhalten. Wir sprachen mit Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs über das neue Abitur in Bremen.
taz: Wie soll die neue Oberstufe in Bremen aussehen?
Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs:In Bremen ist das Abitur nicht anders als anderswo. Die Kultusministerkonferenz hat jetzt das präzisiert, was sie im Dezember 1995 in Mainz beschlossen hat.
Die Kultusminister haben sich jetzt eindeutig zu 13 Jahren bekannt, wollen aber auch ein 12jähriges Abitur ermöglichen – wenn das Gesamtvolumen der Wochenstunden 265 Stunden beträgt.
Wenn Schulen nur 12 Jahre Abitur anbieten, müssen sie jetzt von der fünften bis zur 13. Klasse durchschnittlich pro Woche über 33 Stunden Unterricht anbieten. Und das ist sehr viel. Wer das nicht will und alles in 13 Jahren machen will, der kommt mit 29 Stunden hin.
Startet Bremen trotzdem seinen „Modellversuch 12 Jahre Abitur“, den der Koalitionsausschuß vor kurzem beschlossen hat?
Ich bin ja gehalten, mit Mehrheit gefaßte Beschlüsse auch umzusetzen. Wir suchen jetzt nach einem durchgehenden Gymnasium, das sich an diesem Modellversuch beteiligen will.
Die GesamtschülerInnenvertretung ist dagegen. Sie fürchtet, daß die Schulzeit da richtiggehend durchgeprügelt wird. Daß auf Schüler Wochenend- und Nachmittagsunterricht zukommen.
Es wird niemand zur Teilnahme gezwungen. Aber wenn es Nachfrage gibt, und davon geht ja offenbar die Mehrheit der Koalition aus, dann werden wir ja sehen, ob das inhaltlich und pädagogisch als sinnvoll erachtet wird oder nicht. Dafür ist ja ein Modell da.
Was schätzen Sie positiv an diesem Modell ein?
Gar nichts.
Und was gibt es für möglicherweise für Nachteile?
Das ist nicht meine inhaltliche Position, das kann ich doch gar nicht schön reden. Es gibt jetzt schon die Möglichkeit, daß besonders begabte Schüler ein Schuljahr überspringen können. Für so ein Schnelläuferabitur braucht man eigentlich gar keinen Modellversuch. Und 12 Jahre ersparen zwar ein Jahr Schulzeit, aber das bedeutet eine extreme Belastung und Verschulung für die Schüler. Sie können dann ja kaum noch nachmittags etwas unternehmen.
Fragen: Katja Ubben
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