: Nicht jede ist ihres Glückes Schmiedin
■ Studie zum Elterneinfluß auf Tochters Berufswahl bestätigt Klischee Von Stefanie Winter
Eine These wurde bestätigt, ein Klischee obendrein – und dennoch wollte sich Senatorin Christina Weiss nicht entmutigen lassen. Im Auftrag des Hamburger Senatsamts für die Gleichstellung hatten zwei Sozialwissenschaftlerinnen den Einfluß von Eltern auf die Berufswahl ihrer Töchter untersucht. Die These, daß Eltern eine entscheidende Rolle dabei spielen, wurde durch die Untersuchung bestätigt.
Und das Klischee von der Frau als kommunikatives, technisch aber eher unbegabtes Wesen ebenfalls. Ermutigend sei jedoch die grundsätzliche Bereitschaft der Eltern, ihre Töchter auch bei der Wahl eines „untypischen“ Berufes beraten und unterstützen zu wollen.
Mit diesem „positiven Potential“ könne einiges angeschoben werden, hofft die Senatorin. In einem Workshop mit „allen an der Berufsfindung Beteiligten“ soll in diesem Herbst ein Konzept für ein Beratungsangebot erarbeitet werden. Es werde sich dann direkt an die Eltern wenden. „Über die Schulen klappt das nicht“, ist Weiss überzeugt. Die Senatorin erkennt jedoch auch, daß die Sozialisation der Töchter sich nicht erst während der beruflichen Entscheidungsphase prägend auswirkt. Ein Beratungsangebot, meint sie, müßte und könnte die Eltern bereits früher erreichen. Den Eltern müsse dabei überhaupt erst verdeutlicht werden, welch massiven Einfluß sie auf den Berufswunsch ihrer Töchter nehmen.
Die mittels Fragebogen erhobenen Daten zeigen, daß dabei eine weit klaffende Lücke zwischen Theorie und Praxis zu überwinden sein wird. Rund 300 Hamburger Eltern und mehr als 400 Töchter gaben den Wissenschaftlerinnen Auskunft. Positiv bewerteten dabei 85 Prozent der Eltern, daß Mädchen auch „Männerberufe“ ergreifen; als konkreter Berufswunsch für die eigene Tochter tauchen „untypische“ Berufe aber lediglich bei sechs Prozent wieder auf. Stereotype weibliche Merkmale wie „geschickter Umgang mit Menschen“, „Hilfsbereitschaft“ und „Kontaktfreude“ rangieren in den Augen der Eltern auf der Hitliste der Tochtereigenschaften noch immer ganz oben.
Auch wenn 13 Prozent der befragten Töchter sich für technisch und naturwissenschaftlich begabt halten und die Einschätzung der Eltern damit zumindest verdoppelten, werden sie letztlich geprägt durch die Fremdwahrnehmung und auch durch den Familienalltag, der ebenfalls noch häufig dem traditionellen Klischee entspricht. „Diese Eltern haben, was eine andere Rollenverteilung betrifft, gerade den ersten Probelauf hinter sich“, meint Weiss, „die meisten mit großen Konflikten.“ Es koste Mut, die Töchter auf diesen schwierigen Weg zu schicken.
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