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Nicht alles ist sagbar

■ „Der andere Schlaf“, von Julien Green

Wer die unlängst erschienene Untersuchung von Tomas Vollhaber über schwule Romane des zwanzigsten Jahrhunderts gelesen hat, wird die deutsche Neuerscheinung des „grand old man“ Julien Green, sein Jugendwerk „Der andere Schlaf“, wie ein klassisches Exempel dazu lesen: die Erfahrung des Nichts und der Angst des seiner selbst bewußt werdenden jungen Schwulen, teils mit Mut geschrieben, teils an Offenheit hinter Zeitgenossen wie Gide zurückkfallend, 1931 erschienen; „nicht alles ist sagbar“, so Green.

Unreif und wohl in irgendeiner Weise Zugeständnis an das surrealistische Pariser literarische Umfeld seine Selbststilisierung zum Visionär; groß die psychologische Genauigkeit, die sich in ein sprachliches Kunstwerk umsetzt (ins Deutsche wurde die Erzählung von Handke übertragen): „Geräuschlos kniete ich mich neben ihn und schaute ihn an. Dann beugte ich mich ein wenig vor und ließ meinen Schatten über seine Wangen und Mund streichen, und diese geheimnisvolle Berührung erschien mir seltsamer als alles, wovon ich je geträumt hatte.“

Und weil Green eben nicht einen jener ideologischen coming -out-Romane wie Vindlands „Irrläufer“ oder Hamiltons „Jäger der Nacht“ („Kevin“) geschrieben hat, heißt es gleich darauf: „Schon begann ich zu leiden, wie ich späterhin leiden würde.“

Friedrich Kröhnke

Julien Green: Der andere Schlaf; Hanser, München, 120 Seiten, Leinen; 19,80 Mark

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