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■ Frankreich: Die Kommunisten wollen in Jospins RegierungNew KPF

Als 1981 eine sozialistische Regierung mit kommunistischen Ministern in Paris antrat, sorgte das für Panik von Washington bis Bonn, für Börsenstürze und Kapitalflucht aus Frankreich. Als gestern die französischen Kommunisten erneut einer Koalition zustimmten, hatte niemand Angst davor – abgesehen vielleicht von einer Handvoll dissidenter kommunistischer Kader, die das Ende ihrer Partei voraussagen.

Die politische Landschaft hat sich grundsätzlich verändert. Geblieben sind lediglich die Namen der beteiligten Parteien. Die Sozialisten unter dem frühen Mitterrand und die Kommunisten unter Marchais hatten die Kontrolle über Parlament und Präsidentensitz. Und sie hatten eine Vision von einer anderen Gesellschaft: Sie wollten die Politik und die Wirtschaft Frankreichs grundsätzlich umpolen. Sagten sie zumindest.

16 Jahre danach sind die alten Chefs, die internationalen Bezugspunkte und die Parteilinien von der politischen Bühne verschwunden. Der Sozialist Lionel Jospin und der Kommunist Robert Hue sind zwei Figuren der französischen Zeit nach dem Kalten Krieg. Beide wollen die Krise bewältigen, konstruktiv sein, gestalten, ohne umzuwälzen.

Grundsätzliche Fragen haben bei den Koalitionsverhandlungen keine Rolle gespielt. An ihrem Ende machte Lionel Jospin dem Kommunisten Hue kein Zugeständnis – weder bei der Mindestlohnerhöhung noch bei der Arbeitszeitverkürzung, noch bei der Neuverhandlung der Konvergenzkriterien.

Dabei hat die KPF heute eine stärkere Position gegenüber den Sozialisten als 1981. Damals wurden ihre Minister aus Sympathie und zur Befriedung der kommunistischen Basis in die Regierung geholt. Heute sind die Sozialisten rein numerisch auf die Unterstützung der KPF angewiesen, um eine Mehrheit im Parlament zu haben.

Der Weg der französischen Kommunisten in die Regierung ist das bislang deutlichste Zeichen der gegenwärtigen Parteiführung, daß sich auch die letzte große kommunistische Partei in Westeuropa grundsätzlich gewandelt hat. Möglicherweise wird das KPF- intern eine Zerreißprobe auslösen, möglicherweise wird es bald heftige Streiks und andere soziale Bewegungen geben, möglicherweise wird die Koalition nur eine Übergangslösung. Aber Hue hat dafür gesorgt, daß fortan von einer New KPF geredet werden darf. Dorothea Hahn

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