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Neuwieder Frauenarzt soll 250.000 DM zahlen

■ Koblenzer Staatsanwaltschaft sieht von einem §218-Gerichtsverfahren ab und verhängt Strafbefehl

Berlin (taz) - Der Neuwieder Frauenarzt Atis Ergüven muß nicht mehr vor Gericht. Die Koblenzer Staatsanwaltschaft hatte ihm ursprünglich vorgeworfen, in 79 Fällen gegen die § 218 und 219 verstoßen zu haben. Nun hat sie die Klage zurückgenommen und einen Strafbefehl erwirkt. Er ist rechtsgültig, da Ergüven keinen Widerspruch einlegte und legt eine Geldstrafe von 250.000 DM fest.

Im Strafbefehl wurde dem Arzt zur Last gelegt, in 54 Fällen bei Schwangerschaftsabbrüchen gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoßen zu haben. In 49 Fällen soll er vor dem Eingriff die, von anderen ÄrztInnen ausgestellten Notlagenindikationen, nicht überprüft und „keine eigenen Feststellungen“ getroffen haben. In fünf Fällen soll er sich mit Überweisungsscheinen begnügt haben, „in denen widersprüchliche oder nichtssagene Formulierungen enthalten waren“, so die Staatsanwaltschaft. Da die Ermittlungsbehörde jedoch zugunsten des Beschuldigten davon ausginge, daß tatsächlich in allen Fällen eine Indikation vorgelegen habe, sei dieses Verhalten rechtlich nur als „versuchtes Vergehen nach § 218“ gewertet worden, heißt es in der umstritten Begründung des Strafbefehls.

Die Anklage gegen Ergüven hatte nach dem Memminger Prozeß erneut große Aufregung hervorgerufen. Erneut wurden Patientinnen-Blätter - rund 10.000 - beschlagnahmt, über 2.000 Frauen mit peinlichen Fragebögen traktiert; 181 mußten als Zeuginnen aussagen. Außerdem steht im § 218 kein Wort darüber, daß der/die abtreibende ÄrztIn die Indikation noch einmal überprüfen muß.

Offenbar hatte die Staatsanwaltschaft kein Interesse an einem neuerlichen „Hexenprozeß“. Die Vorsitzende der grünen Landtagsfraktion in Rheinland-Pfalz, Gisela Bill, bedauert, daß sich der Arzt nicht gegen den Strafbefehl gewehrt hat. Die Begründung sei „unakzeptabel und jenseits jeder ärztlichen Praxis“. Denn viele ÄrztInnen, die Abbrüche machen, müßten zukünftig ebenfalls Strafbefehle fürchten.

uhe

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