Neuwahlen in Tschechien: Termin steht auf der Kippe
Abgeordneter lässt vorgezogenen Urnengang vom Verfassungsgericht überprüfen. Ob der Wahltag im Oktober eingehalten werden kann, ist damit fraglich.
Der Termin für die vorgezogenen Parlamentswahlen in Tschechien wackelt. Diese, so sprach der tschechische Präsident Václav Klaus, sollten eigentlich am 9. und 10. Oktober stattfinden. Am Dienstag erklärte das Verfassungsgericht, die Ausrufung der Wahlen sei im Augenblick "nicht vollziehbar". Grund ist eine Verfassungsbeschwerde des Abgeordneten Milos Melcak. Der 73-Jährige will nicht akzeptieren, dass die um etwa ein Dreivierteljahr vorgezogenen Wahlen sein Mandat verkürzen. Das sei eine "Deformation der Verfassung" erboste sich der Volksvertreter in seiner Beschwerde.
Unsinn, kontern Verfassungsexperten. "Ich glaube nicht, dass das Verfassungsgericht berechtigt ist, das Funktionieren eines demokratischen, auf Wahlen basierenden Staates zu beschränken", meint der Juraprofessor und Parlamentsabgeordnete Zdenek Jicínsk, der die tschechische Verfassung mitgestaltet hat. "Ich bin geschockt, dass ein Gericht Wahlen verhindert."
Das letzte Wort ist aber noch gar nicht gesprochen. Ob die vorgezogenen Wahlen verfassungsgemäß sind oder ob der Abgeordnete Melcak in seinen Rechten beschnitten wurde, muss das Gericht erst noch entscheiden. Bislang haben die Verfassungsrichter den anvisierten Wahltermin zunächst nur auf Eis gelegt.
Ob der noch eingehalten werden kann, hängt jetzt davon ab, wie schnell das Gericht den Einspruch Melcaks beurteilen wird. Darauf wollen sich tschechische Politiker aber nicht verlassen. Immerhin hat der Wahlkampf angefangen. Zudem besteht kaum der Wille, die Übergangsregierung von Jan Fischer und seinem Beamtenkabinett länger im Amt zu lassen als nötig.
In trauter Eintracht hat sich daher die sonst so zerstrittene tschechische Politelite zum Stelldichein bei Václav Klaus auf der Prager Burg eingefunden. Dort hat man schnell ein Expertenteam aufgestellt, das innerhalb von Stunden, allerhöchstens einigen Tagen eine Verfassungsänderung ausarbeitet, die die Umstände und Folgen vorgezogener Wahlen genau definiert. "Wir sind überzeugt, dass es in dieser aufgewühlten politischen und wirtschaftlichen Situation im öffentlichen Interesse ist, die Wahlen zum gegebenen Termin stattfinden zu lassen," erklärte Václav Klaus.
Die vorgezogenen Wahlen wurden angesetzt, nachdem die 2006 gewählte Regierung im März dieses Jahres einem Misstrauensvotum der Opposition zum Opfer gefallen war.
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