Neuwahlen in Berlin: Warnungen vom Master of Disaster
Die Hauptstadt steht wegen der vorgezogenen Bundestagswahl vor Neuwahlen. Berlins Wahlleiter sieht Gefahren bei einem zu frühen Datum.
Anlass zur Sorge ist vor allem ein früher Wahltermin. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte nach dem Ende der Ampel-Koalition angekündigt, am 15. Januar die Vertrauensfrage im Bundestag zu stellen. Daraus ergibt sich ein möglicher Wahltermin im März 2025. Die CDU fordert Scholz auf, die Vertrauensfrage sofort zu stellen. In dem Fall könnte eine Wahl schon im Januar stattfinden. Am Dienstagvormittag schien sich der 23. Februar als Datum herauszukristallisieren.
Stephan Bröchler hatte eindrücklich vor einem Wahltermin bereits Ende Januar gewarnt: „Ich kann nur raten, besonnen an das Thema heranzugehen, auf Fachleute zu hören und nicht in einen Sofortismus bei der Feststellung des Wahltermins zu verfallen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Denn: Je früher der Termin, desto größer der Aufwand und Druck.
Ein zu früher Wahltermin könnte die Bezirksämter vor erhebliche Personalengpässe stellen. Je kurzfristiger der Termin angesetzt wird, desto mehr Personal muss aus der bezirklichen Verwaltung abgezogen werden, um die Wahl ordnungsgemäß vorzubereiten. Noch ist unklar, wie viele Mitarbeiter*innen aus den Bürgerämtern dafür ins Bezirkswahlamt abgeordnet werden müssen. Außerdem sind zahlreiche neue Stellen zur Wahlorganisation bislang unbesetzt: Laut Senatsinnenverwaltung waren Anfang Oktober von 36 Anfang des Jahres geschaffenen Stellen erst 16 besetzt. Hinzu kommen 30.000 Wahlhelfer*innen, die rechtzeitig geschult werden müssen.
Warnungen vor Wahlkampf in der Weihnachtszeit
Bröchler gibt auch zu bedenken, dass es Parteien vor Herausforderungen stellen könnte, in extrem kurzer Zeit Kandidatenlisten aufzustellen und einen Wahlkampf zu organisieren. Ein Wahltermin womöglich mit Wahlkampf über Weihnachten könnte zudem für Probleme sorgen, etwa bei der Suche nach Räumen für Wahllokale, der Rekrutierung und Schulung von Wahlhelfer*innen, bei Papierbeschaffung, Druck und Versand von Wahlunterlagen, auch für die Briefwahl.
Wenn es jedoch politisch gewollt und vom Bundespräsidenten so entschieden werde, müsse eine Neuwahl auch für Januar organisiert werden, so der Landeswahlleiter. „Aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass das die Qualität demokratischer Wahlen gefährdet. Wenn wir die hohen Qualitätsstandards, die wir in Bund und Ländern haben, halten wollen, dann rate ich von einem Wahltermin im Januar ab.“ Dennoch zeigt Bröchler sich kämpferisch: Er habe „keinen Zweifel“ daran, dass die Wahlorganisation gelingen werde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Kohleausstieg 2030 in Gefahr
Aus für neue Kraftwerkspläne
Syrien nach Assad
„Feiert mit uns!“