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Neutrale Athleten bei OlympiaUmstrittener Parteigänger

Belarus' Trampolinspringer Iwan Litwinowitsch ist in Paris dabei. Viele halten das wegen seiner Nähe zum Präsidenten Lukaschenko für einen Witz.

Medaillenkandidat Iwan Litwanowitsch beim Olympiasieg in Tokio Foto: Xinhua/imago

Der belarussische Trampolinspringer Iwan Litwinowitsch kann am Freitag seinen Olympiatitel von Tokio verteidigen. Das ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Nur 32 Athleten aus Russland und Belarus sind bei den Spielen in Paris dabei. Denn diejenigen, die den Ukrainekrieg unterstützen, bei russischen, sowie belarussischen Sicherheitsbehörden oder dem Militär unter Vertrag stehen, sind von den Spielen ausgeschlossen.

Litwinowitsch verstößt laut IOC nicht gegen seine aufgestellten Regeln und tritt mit den erwähnten anderen Sportlern unter neutraler Flagge als Individueller Neutraler Athlete (AIN) an – nur in Einzelwettbewerben und ohne eigener Hymne bei Medaillengewinn.

Diese Entscheidung ist allerdings im Fall von Litwinowitsch höchst umstritten. Dem 23-Jährigen wird all zu große Nähe zum belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko – einem treuen Verbündeten von Wladimir Putin – vorgeworfen.

Litwinowitsch forderte seine Mitbürger 2022 auf, bei einem umstrittenen Referendum im Sinne von Lukaschenko abzustimmen. Dieses sollte der Volksversammlung in Belarus unter anderem ermöglichen, die Beschlüsse anderer Machtorgane aufzuheben und dem Präsidenten zu weiteren zehn Jahren im Amt zu verhelfen.

Konflikt in Cottbus

Die Entscheidung, Litwanowitsch als neutral einzustufen, kam in diesem Fall zunächst von der Fédération Internationale de Gymnastique (FIG). Sie ließen den Turner im März zur Qualifikation in Cottbus zu – entgegen der Position des Deutschen Turnbundes und ukrainischer Sportfunktionäre. Diese sprachen sich generell gegen die Zulassung russischer und belarussischer Sportler aus.

Da der Weltcup in Cottbus allerdings nach FIG-Regeln stattfand, waren den Gastgebern aus Deutschland die Hände gebunden. Und das letzte Wort bei der Zulassung der neutralen Athleten hat sowieso das Olympische Komitee (IOC).

Litwanowitsch gehört auch dieses Mal zum engen Kreis der Medaillenkandidaten. Mit acht Jahren begann er zu turnen und ist schon seit 2017 Teil des belarussischen Nationalteams. Begleitet wird er in Paris von den „neutralen“ Trampolinspringern Viyaleta Bardzilouskaya (Belarus) und Anzhela Bladtceva (Russland). Wie neutral diese nun wirklich sind, das wäre wiederum eine andere Geschichte.

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3 Kommentare

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  • "Litwinowitsch verstößt laut IOC nicht gegen seine aufgestellten Regeln..."

    Eben.

  • Merkt denn niemand, wie absurd diese Ausschliesseritis ist? Der eine Krieg ist gut, der andere Krieg ist böse, der eine Sportler ist für seine Regierung, die andere Sportlerin ist gegen ihre Regierung...



    Alles sehr, sehr schwammige und nicht mehr nachvollziehbare Regeln. Ich würde es 'pure Willkür' nennen !!

    • @WBD-399:

      Ist sicher schwierig, man will ja mit der Sanktion das Renommee eines Staates treffen, das Regime soll sich nicht mit den Leistungen der Sportler brüsten können.



      Hier spielt aber auch wohl das massive und staatlich gelenkte Doping eine Rolle. Aber grundsätzlich sehr schwierig, die Sportler für Fehlverhalten der Regierungen haftbar zu machen. Zumal das in der Tat der Willkür Tür und Tor öffnet. Warum Rußland, warum viele andere Länder nicht, die auch jede Menge Dreck am Stecken haben?