Neuordnung der Bundeswehr: Minister mustert Musterung aus

Verteidigungsminister Guttenberg prescht vor: Nicht nur die Wehrpflicht soll ausgesetzt werden, auch die Musterung soll weg - und die Opposition muss mitstimmen.

Kein Angst mehr vor Griffen unter die Gürtellinie? Wenn es nach dem Verteidigungsminister geht, soll Schluss sein mit dem Mustern. Bild: dpa

Am Dienstagmorgen war ein selten gesehener Gast in der Sitzung der SPD-Verteidigungspolitiker, es war CSU-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg. Auf Einladung sollte er die SPD von seinen Reformvorstellungen zur Bundeswehr in Kenntnis setzen, nachdem Oppositionspolitiker sich öffentlich darüber geärgert hatten, dass der Minister vor einigen Wochen sein Konzept nur den Koalitionsfraktionen vorgestellt hatte.

Guttenbergs bis gestern anhaltende Skepsis der Opposition gegenüber hatte ihren Grund: Bei der Frage der Aussetzung der Wehrpflicht lag seine Position und besonders die der SPD deutlich auseinander. Während Guttenberg eine zukünftig zwischen 160.000 und 170.000 Personen zählende Bundeswehr fast vollständig aus Berufssoldaten rekrutieren will, fordert die SPD eine Armee von rund 200.000 Personen, darunter 20.000 bis 30.000 freiwillige Soldatinnen und Soldaten.

Noch schwieriger hat es der Satz gemacht, den zu Guttenberg am Vorabend in der ARD sagte: "Die Musterung ist ebenso schwer zu rechtfertigen wie die Wehrpflicht als solche." Doch die SPD will daran festhalten. "Wenn die Bundesregierung auf die Musterung verzichten will, muss sie sehr genau erklären, wie sie eine Bundeswehr aus der Mitte der Gesellschaft erreichen will", sagte der SPD-Politiker Hans-Peter Bartels der taz.

Trotz der schwierigen Ausgangsposition scheinen jedoch sowohl Guttenberg als auch die SPD daran interessiert zu sein, eine gemeinsame Position zu finden. Vor den Verteidigungspolitikern der Sozialdemokraten betonte der Minister wiederholt sein Interesse an einem Kompromiss: "Über die Anzahl der Freiwilligen kann man reden", sagte Guttenberg, wie die taz aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Über die strittigen Fragen wie die Umsetzung der Reform oder die Frage nach der Musterung wurde nicht geredet. Jedoch war aus der Sitzung zu hören, dass auch hier ein Kompromiss möglich sei.

Innerhalb der Union scheint der Widerstand gegen Guttenbergs Pläne zur Aussetzung der Wehrpflicht mittlerweile gebrochen. Nach dem CDU-Bundesvorstand und dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer votierten auch die thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht und der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus für die Pläne von Verteidigungsminister Guttenberg. Diese seien "sehr, sehr überzeugend", sagte Mappus am Dienstag in Stuttgart.

Für Unruhe sorgt wiederum Horst Seehofer, der am Wochenende die Aussetzung der Wehrpflicht damit gleichgesetzt hatte, diese vollständig abzuschaffen. In einem Interview mit dem Spiegel hatte er gesagt: "Wenn es gemäß der Sicherheitsanalyse der Bundesregierung keine verfassungsrechtliche Grundlage für die Wehrpflicht im Frieden mehr gibt, dann muss man zwingend die Botschaft damit verbinden, dass man die Wehrpflicht abschafft und wir in Zukunft eine Berufsarmee haben."

Der Parlamentarische Geschäftsführer Peter Altmaier (CDU) äußerte hierzu am Dienstag in Berlin Bedenken. Wenn man die Wehrpflicht aus dem Grundgesetz streiche, "kann man sie anschließend nur mit einer Zweidrittelmehrheit wieder einführen".

Die, merkte Altmaier an, werde die Union aber wohl kaum in näherer Zukunft erreichen können.

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