piwik no script img

Neunhundert Kilometer brüchige Kanalisation

■ 850 Meter Siel werden seit gestern für 50 Millionen Mark in Uhlenhorst erneuert

An der Mundsburg begann die Stadtentwässerung gestern mit der unterirdischen Erneuerung des größten Siels östlich der Alster. Das Geeststammsiel von 1875 soll zwischen der Hartwicusstraße und Heinrich-Hertz-Straße wegen irreparabler Schäden für 50 Millionen Mark durch einen stabilen Neubau ersetzt werden. Bis zum Juli 1996 werden die Vortriebsmaschinen in sechs bis neun Metern Tiefe das 850 Meter lange neue Sielnetz antreiben.

Die Sielerneuerung in Uhlenhorst ist Teil des Alsterentlastungskonzeptes. Nicht nur Risse, fehlende Steinreihen und Deformationen entstellen die Uhlenhorster Kanalisation: Der vergrößerte Stauraum im neuen System soll auch verhindern, daß Abwasser bei starken Regenfällen aus dem Siel in die umliegenden Seen wie den Kuhmühlenteich, den Osterbekkanal und den Uhlenhorster Kanal überfließt. Erst vor wenigen Wochen verendeten im Isebekkanal 7 000 Fische, weil übergelaufene Siele das Kanalwasser verdreckt hatten.

Die Stadtentwässerung hatte mit den Vorbereitungen der Bauarbeiten bereits im November begonnen: Die bisherigen Siele wurden umgeleitet, die Anwohner informiert und Schutzmaßnahmen wurden getroffen. Zuvor war schon der westlich der Alster gelegene Teil „Harvestehuder Weg“ modernisiert worden.

Doch mindestens weitere 900 Kilometer des innerstädtischen Sielnetzes sind älter als 85 Jahre und somit „unumstritten erneuerungsbedürftig“, sagte Gerd Eich, Sprecher der Stadtentwässerung. Rein rechnerisch habe ein Siel eigentlich schon nach 77 Jahren ausgedient, die Kanalsysteme würden jedoch regelmäßig gereinigt und kontrolliert. Schon jetzt investiert die Stadtentwässerung jährlich mehr als 200 Millionen Mark für die Erneuerung des Sielnetzes. Und doch ist der Verfall kaum zu stoppen. Gestern morgen erst sackte ein 17 Tonnen schweres Stadtreinigungsfahrzeug in Altona in eine Straße, die durch Asphaltierungsarbeiten und Unterspülungen brüchig geworden war.

Timo Hoffmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen