Neues von der EC-Karten-Krise: Illegal auf dem Bord-WC

Vertrauen ist die Grundlage der Geldwirtschaft. Warum sonst verlassen wir uns auf die EC-Karte? Was passieren kann, wenn die nicht mehr geht – und warum Tesa hilft.

Macht schlappes Plastikgeld wieder fit: Klebestreifen. Bild: Tobiastobsen/photocase

"Vertrauen ist der Anfang von allem", wusste die Deutsche Bank schon in den 90er-Jahren, als sie um das Geld ihrer Kunden warb. Knapp 20 Jahre wissen wir um die tiefe Wahrheit dieses Slogans. Nicht nur weil die Finanzkrise gezeigt hat, dass scheinbare Reichtümer doch nur wertlose Zahlenkolonnen auf der Depotübersicht sein können, die sich in kürzester Zeit in nichts auflösen. Und dass auch eine Banknote nichts ist als ein bedrucktes Stück Papier, das nur deswegen in reale Dinge eintauschbar ist, weil alle daran glauben, dass es seinen Wert behält. Vertrauen ist also nicht nur der Anfang von allem, sondern die tägliche Grundlage unserer Geldwirtschaft.

Das geht sogar so weit, dass wir das bedruckte Papier zu Hause lassen und nur mit einer Plastikkarte einkaufen oder in den Urlaub fahren - im festen Vertrauen darauf, dass wir weltweit mit einer Kombination aus irgendwelchen eingespeicherten Daten, PINs und Computersystemen unsere existenziellen materiellen Bedürfnisse decken können. Meistens geht das ja auch gut, jetzt ist es aber schiefgelaufen. Und zwar gleich rund 30 Millionen Mal. So viele EC- und Kreditkarten haben nämlich mit Beginn des neuen Jahres ihren Dienst versagt.

Und auch hier zeigt sich: Verletztes Vertrauen kann existenzielle Krisensituationen erzeugen. Vor allem, wenn man fernab der vertrauten heimatlichen Welt ist. Darüber berichten taz-Leser derzeit unserer Onlineredaktion. Zum Beispiel Christine: "Brüssel, -5 Grad, Tag 2: immer noch kein Geld am Automaten (…) Hunger. Im Schrank alte Nudeln, sonst nichts. Ach ja, die guten alten Studentenzeiten. Aber genau! Naturalgeld resp. Gütertausch! Av. de Louise, 2. Ecke. Brüssel, -7 Grad, falls jemand vorbeikommt". Erst die Krise, dann die Verherrlichung derselben (Studentenzeiten) und abschließend der Versuch, zur vormonetären Epoche zurückzukehren. Kaum zu glauben, dass das langfristig Erfolg hat.

Radikaler war Uwe Stahl. Der Vertrauensverlust trieb ihn zwar nicht in den Untergrund, aber immerhin für zwei Stunden auf die Bordtoilette eines ICEs. So entzog er sich dem Zugriff des ordnungsmächtigen Zugschaffners und kam umsonst auf die Fähre. Dort bewahrte ihn ein freundlicher Autofahrer, der ihn mit ins Ruhrgebiet nahm, vor einem weiteren Abrutschen in die Illegalität.

Ist das die Lösung? Einander helfen und vertrauen, wenn das Vertrauen ins System nix mehr nützt? Auch Ulrich Willeke machte eine solche Erfahrung. In Norwegen war plötzlich seine Maestro-Karte so gut wie wertlos. "Gut, ich könnte sie zum Kokszusammenschieben nutzen oder zum Türenöffnen. Leider bin ich weder drogensüchtig - noch plane ich Einbrüche." Wieder wird die Flucht in die Illegalität - zumindest spielerisch - geprobt. Und wieder schützt davor die Hilfbereitschaft der Mitmenschen: "Geld von der Verwandtschaft geliehen - ansonsten wäre ich lost in Norway gewesen.

Aus der Vertrauenskrise kommt also nur der heraus, der (finanzielle) Schwächen zugibt, um Hilfe bittet und so weiterhin vertraut. Aber nicht mehr der Technik, sondern seinen Mitmenschen.

Das ist Ihnen zu viel Kitsch und Zuckerguss? Sorry, um etwas klebrige Lösungen werden auch Sie nicht herumkommen, selbst wenn Sie auf die Low-Tech-Lösung setzen - den Tesa-Streifen. Denn wenn man den über den fehlerhaften Chip klebt, holt sich das Lesegerät die notwendigen Daten wie früher aus dem Magnetstreifen der Karte. Banken und Sparkassen warnen zwar davor, drohen mit unklarer Haftung und verklebten Automaten. Aber wer mag ihnen noch vertrauen?

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