Neues italienisches Kabinett: Acht Frauen und acht Männer
Die neue Regierung muss sich am Montag den Vertrauensvoten im Parlament stellen. Zum ersten Mal herrscht im Kabinett volle Geschlechterparität.
ROM taz | So jung, so weiblich, so schlank wie nie zuvor: Gleich einen dreifachen Rekord stellt das Kabinett unter Matteo Renzi auf, das am Samstag in Rom vereidigt wurde und das sich von Montag an den Vertrauensabstimmungen in den beiden Häusern des Parlaments stellen wird.
Der selbst erst 39-jährige Renzi wollte schon mit der Zusammensetzung seiner Regierung ein Zeichen der Wende setzen: „Raus aus dem Sumpf!“ war das von ihm ausgegebene Motto. Und wenigstens optisch ist dem Florentiner die Operation gelungen. So beschränkte er sich auf die Berufung von nur 16 Ministern – eine für italienische Verhältnisse extrem kleine Mannschaft. Zum ersten Mal herrscht am Kabinettstisch auch volle Geschlechterparität, da acht Frauen zum Team gehören.
Die jüngsten Ministerinnen sind erst 33 Jahre alt. Als wirkliche Sensation gilt die Berufung der 40-jährigen Federica Mogherini zur Außenministerin. Ihre Ernennung musste Renzi gegen den Widerstand von Staatspräsident Giorgio Napolitano durchsetzen, der gerne die bisherige Ministerin Emma Bonino weiter im Amt gesehen hätte.
Keinen Erfolg hatte Renzi mit dem Ansinnen, den im Kampf gegen die kalabrische Mafia bewährten Staatsanwalt Nicola Gratteri zum Justizminister zu berufen. Napolitano legte sich mit dem Argument quer, ein Staatsanwalt könne nach einer „ungeschriebenen Regel“ diesen Posten nicht übernehmen.
Höhere Steuern auf Vermögen und Kapitalerträge
Auch bei der Nominierung des Finanzministers – des angesichts der Eurokrise wichtigsten Postens – zwang Napolitano Renzi, mit Pier Carlo Padoan erneut einen Technokraten zu berufen. Padoan, zuletzt Chefökonom bei der OECD, soll Italien die internationale Glaubwürdigkeit garantieren. Dennoch bringt er Ideen mit, die zu einer Neuakzentuierung der Austeritätspolitik führen könnten. Padoan will eine deutlich höhere Besteuerung von Vermögen und Kapitalerträgen, um so die Steuerlast auf Arbeitseinkommen und produktive Unternehmen zu senken.
Diese Absicht müsste er gegen den rechten Koalitionspartner Nuovo Centro-Destra (NCD – Neues Mitte-rechts-Lager) durchsetzen. Der vom Berlusconi-Lager abgespaltene Block setzt anders als Renzi auf Kontinuität: Beginnend beim NCD-Chef Angelino Alfano (Inneres) behielten seine drei Minister die Ressorts, die sie unter Renzis Vorgänger Enrico Letta innehatten. Alfano kündigte an, er werde dafür sorgen, dass in der gegenüber Letta unveränderten Koalition die „rechte“ Handschrift der NCD erkennbar bleibe.
Verstärkt wird der rechte Flügel im Kabinett durch die neue Wirtschaftsministerin Federica Guidi. Sie gilt als Berlusconi-Sympathisantin und ist Spross einer Unternehmerfamilie. Sie wird auch für den Kommunikationssektor zuständig sein. Und obwohl er in der Opposition sitzt, soll TV-Magnat Silvio Berlusconi sich mit den Worten „auch wir haben eine Ministerin“ gefreut haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos