Neues Völkerkundemuseum: Lübeck will Skandal beenden
Das Völkerkundemuseum in Lübeck steht vor dem Neustart. Bisher Dämmern dessen Schätze in einem Depot. Die riesige Maskensammlung ist legendär.
Völkerkundemuseum? Lübeck? Zugegeben, es ist schon eine Weile her, aber es gab einst ein Völkerkundemuseum an der Trave, ein berühmtes sogar, von der Eröffnung 1893 bis ins Jahr 2002. Damals fällte die Bürgerschaftsmehrheit den verhängnisvollen Beschluss, den Museumsbetrieb einzustellen.
Zwar ist dann noch ein paar Jahre ein aus der Not gegründeter Verein eingesprungen, um die Exponate der seit dem 17. Jahrhundert von Kauf- und Seeleuten der Stadt zusammengetragenen, europaweit wahrscheinlich ältesten Bürgersammlung zugänglich zu machen, aber 2007 ist auch dem die Puste ausgegangen. Seither dämmern die Schätze im Depot.
Einige, zumal die riesige Maskensammlung, sind legendär. Als hoch bedeutsam gelten die Zeugnisse aus dem Baltikum. Sammlungshistoriker finden die ägyptologischen Bestände faszinierend, die ein frühes bürgerliches Interesse am Pharaonenreich dokumentieren. Kaum bearbeitet und dringend der Klärung bedürftig sind Fragen der Provenienz zumal der Artefakte aus Kulturen der First Americans aber auch aus Togo und anderen afrikanischen Ländern.
FDP will Kosten wegklicken
Rund 26.000 Objekte der Einrichtung, die es nicht gibt, konnten dank der Gelder einer Stiftung so digital erfasst werden, dass interessierte Forschung sie auffinden kann. Reicht doch, findet die Lübecker FDP:
Statt der von Grünen, Freien Wählern und GAL beantragten Wiedereröffnung im Traditionsstandort Altes Zeughaus regen die Liberalen an, dass das Ganze bloß „als virtuelles, interaktives Museum im Internet auf der Homepage der Lübecker Museen zur Verfügung gestellt wird“. Damit würden zentrale Funktionen, die ein Museum laut Unesco hat, nämlich das Sammeln, Bewahren und Erforschen von Objekten seines Gebiets, als Kostenfaktoren einfach weggeklickt.
Auch der CDU ist das Museum wohl zu kostspielig. Die SPD aber ist strikt pro Neueröffnung, will sich nur beim Standort noch nicht festlegen. Konzeptionell aber geht ihr Antrag am weitesten: Sie will die Sammlung so ins Stadtleben einbringen, dass sie „Anstoß zu einem neuen Dialog der Kulturen und Religionen“ gibt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu