Neues Such-Ranking: Straft Google populäre Websites ab?
Von Washington Post über Zeit Online bis taz.de wurden zahlreiche Websites von Google deutlich heruntergestuft. Der Grund könnten Werbelinks sein, die dem Konzern schon lange missfallen.
BERLIN taz Wenn Google an seinem Suchindex schraubt, dann hat das Auswirkungen auf Millionen von Website-Betreibern - schließlich kommt nicht selten ein beträchtlicher Teil der Besucher über die Suchergebnisse des Internetkonzerns. Ergo: Wird man schlechter bei Google erfasst, nehmen auch die Abrufzahlen ab. Kein Wunder also, dass seit einigen Tagen ein vernehmliches Raunen durch die Online-Szene geht: Die Suchmaschine hat den so genannten "Pagerank" bei vielen großen Anbietern deutlich reduziert.
Der Pagerank ist der einzige bekannte Wert, den Website-Betreiber erfahren können, um die Wichtigkeit ihres Angebotes bei Google einzuschätzen. Je höher dieser ist, desto weiter oben steht man in der Ergebnisliste - jedenfalls theoretisch. Betroffen vom "Pagerank-Downgrade" der letzten Tage sind, so zeigt es ein kurzer Blick in die einschlägigen Erfassungsverzeichnisse, zahlreiche populäre Sites - in den USA etwa die der Washington Post, hier zu Lande auch Zeit, Golem.de, Netzeitung, Telepolis und viele mehr - auch taz.de ist betroffen.
Noch ist völlig unklar, warum es zu diesen Veränderungen kam. In der Suchmaschinen-Szene spekulierten viele jedoch in den letzten Tagen von einer Art "Bestrafungsaktion" seitens Google. Der Grund ist schnell erklärt: Alle im Pagerank reduzierten Angebote verkaufen auch so genannte Werbe-Textlinks. Dabei handelt es sich um Reklame, die vor allem mit dem Ziel der Verbesserung der Erreichbarkeit der beworbenen Websites durch Google geschaltet werden. Hat die Seite eines großen Mediums bereits einen hohen Pagerank, wird von Google also gut bewertet, überträgt sich dies normalerweise auf längere Sicht auch auf die von dort verlinkten Seiten.
Genau dies missfällt den Google-Machern seit langem, weil es sich nicht um einen echten, sinnvollen Inhalt, sondern im Grunde um ein Beschummeln des Suchroboters handelt. Es gäbe zwar die Möglichkeit, Google mit einer so genannten "No follow"-Umschreibung auf diese Links technisch hinzuweisen und sie damit aus dem Suchindex herauszunehmen - doch das will eben kein Werbetreibender, weil dies dem Sinn dieser (in Onliner-Kreisen durchaus umstrittenen) Reklameform widersprechen würde.
Google selbst hält sich über die Gründe des Pagerank-Downgrades bedeckt. Gegenüber dem IT-Nachrichtendienst de.internet.com räumte der Deutschland-Kommunikationschef der Suchmaschine, Kay Oberbeck, zwar Änderungen beim Pagerank ein, sagte aber nur, man arbeite "permanent daran, die Ergebnisse für unsere Nutzer weiter zu verbessern". Der Pagerank-Wert könne sich aufgrund unterschiedlicher Ursachen ändern, etwa der Art und Weise, wie der Crawler (Suchroboter) das Web durchsuche und indexiere, außerdem "aufgrund von Veränderungen in der Link-Struktur des Web generell".
Freilich kritisierte Oberback auch die verkauften Links. Diese führten nicht dazu, dass die Nutzer relevantere Informationen erhielten. Negative Auswirkungen auf die Bewertung von Seiten schloss Oberbeck laut de.internet.com daher nicht aus. Google befindet sich mit den beanstandeten Textlinks in einem Konkurrenzverhältnis: Die Suchmaschine verkauft selbst mit ihrem Adsense-Programm Werbe-Links auf fremden Websites - und bietet außerdem Werbelinks über und rechts neben ihren per Algorithmus ermittelten Suchergebnissen an.
Gegen die Spekulationen über eine "Bestrafungsaktion" spricht allerdings, dass auch einige Seiten eine Reduktion ihres Pageranks hinnehmen mussten, die gar keine Textlinks verkaufen - darunter größere US-Weblogs. Einige Suchmaschinenexperten gehen daher eher von einem Umbau der Suchalgorithmen bei Google selbst aus. Welche Auswirkungen die Pagerank-Veränderungen tatsächlich auf die großen Angebote haben, ist sowieso noch völlig unklar - dies wird man erst in einigen Wochen wissen, wenn längerfristige Statistiken vorliegen.
Da es derzeit aber danach aussieht, dass nahezu alle wichtigen Anbieter, etwa große deutsche Medien-Websites, abgestuft wurden, könnte dies auch zu einem neuerlichen "Gleichstand" führen - dann hätten alle ähnlich viel verloren, schließlich ist der umstrittene Textlink-Verkauf enorm verbreitet.
Ob sich die Inhalte der abgestuften Sites mit dem Pagerank-Downgrade künftig tatsächlich schlechter über Google auffinden lassen werden, kann man ebenfalls noch nicht sagen. Der Pagerank ist nur ein Wert, den Google offenlegt. In allen weiteren Bereichen ist der Suchvorgang eine Black Box, in die nur der Internetkonzern hineinsehen kann. Der Algorithmus könnte also noch über ganz andere Dinge bestimmen, wer tatsächlich wichtig ist.
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